Ausblick
Durch den kontinuierlichen Austausch zwischen den dreizehn beteiligten Künstler*innen und Wissenschaftler*innen entstanden Ideen für weitere Forschungsfelder, zu denen ein gemeinsames, Disziplin übergreifendes Arbeiten sinnvoll und vielversprechend erscheint.
Innere und äußere Bilder
Wie entstehen innere und äußere Bilder? Wie bewegen wir uns in unseren Forschungs- und Arbeitskontexten zwischen inneren und äußeren Bildern? In welchen Momenten und wie genau übersetzen wir äußere in innere Bilder und wieder zurück?
„Für künstlerische Prozesse sind oft Bilder der Ausgangspunkt. Die schleppe ich dann irgendwie mit mir rum. Das ist oft kein konkretes Bild, sondern irgendwie eher so ein Gedankenbild, das sich aber über den Prozess einer Entwicklung einer künstlerischen Arbeit auch wieder transformiert in etwas, das ich dann als – weiß nicht – eine Performance oder in meinem Fall eine Choreographie, also wieder als etwas Bildliches darstelle. Aber auch diese Spule – das ist wahrscheinlich gar nicht nur von dem einen in das andere, sondern es ist eigentlich wie ein Zirkel oder eine Zirkulation, in der ich seit zwanzig Jahren fast wie in einer Dauerschleife hänge. Aber sehr positiv.“ (Nik Haffner)
„Ich reagiere sicher da ein bisschen streng auf die Begriffe. Natürlich geht es ganz stark um innere Wahrnehmung, inneres Körperbild eben entwerfen, nur da die Stimme ja immer in einem Dazwischen ist - weder innen noch außen - würde ich da strenggenommen was reduzieren, wenn ich sagen würde, das ist mein inneres Bild oder so. Weil ja auch die innere Stimme dadurch entstanden ist, dass wir einfach in einer sprechenden Welt leben und einfach ganz früh versprachlicht worden sind. Das wäre dann so ein bisschen wie der Streit mit der Henne und dem Ei, mit diesem Innen und Außen. Deshalb ist es bei der Stimme besser, das weg zu lassen und zu sagen, wir müssen jetzt Mut haben für den Zwischenraum. (…) Es ist eigentlich viel schöner, wenn man anfängt, diese verschiedenen Zwischenräume wirklich zu beschreiben. In ihrer Qualität, in ihrer sensorischen, ihrer graphischen und so weiter Aufladung und das ist natürlich viel spannender. Das ist natürlich eine ganz andere Art zu denken, aber es ist ganz schwer, wenn man mit Stimme arbeitet mit einem so polaren Denken zu arbeiten.“ (Ulrike Sowodniok)
Die Abwesenheit von Körper (& Emotionen)
Was sind Momente in unserem künstlerischen und wissenschaftlichen Tun, in denen Körper und Emotionen abwesend sind bzw. abwesend scheinen? Wie entstehen solche Momente? In was für Situationen wird die Abwesenheit von Körper und Emotionen gewünscht? Was passiert in Situationen, in denen der Körper zwar physisch anwesend ist, praktisch aber keine Rolle spielt? Und welche prägenden Einflüsse hat hier die Digitalisierung?
„Im Rückblick scheint mir dabei vor allem der abwesende Körper ein geradezu insistierendes Motiv der Diskussionen gewesen zu sein. Ob als dematerialisiertes Objekt in der wissenschaftlichen Forschung (Zahlen, Daten als dessen Spuren) oder als flüchtiger Körper in Tanz und Theater: immer entzieht sich der Körper oder wird im Versuch ein „Wissensobjekt“ zu sein, reduziert. Von den Darstellenden Künsten kann man lernen, dass gerade die Ephemeralität und Absenz des Körpers auf der Bühne (seine Bewegung, Liveness, Ereignishaftigkeit) die wichtige Erfahrung unserer eigenen Sterblichkeit bereithält. Das ist nur auf den ersten Blick kein Schreckensmodus, im Grunde jedoch eine kostbare und uns alle verbindende Erfahrung.“ (Barbara Gronau)
„Am glücklichsten waren für mich die Momente, in denen wir uns die Abwesenheit von Körper und Emotionen, die Schwierigkeit sie zu fassen und zu benennen, in allen anwesenden Wissenschaften und Künsten eingestanden. Genau an diesem Punkt möchte ich weiterarbeiten, er erscheint mir gerade erst errungen und sehr ergiebig.“ (Ulrike Sowodniok)
„Wenn ich meinen Beitrag zur verkörperten Stimme in den Kontext des Zirkels hineingebe, spielen kinästhetisch-auditive Präsenz, Orientierung, Reziprozität, innere Körperbewegungen als verkörperte Emotionen etc. eine wichtige Rolle. Diese Qualitäten hatten an dem Tag, als wir den virtuellen Körper in Medienkunst- und design besprachen, plötzlich keinen Raum mehr. Wir hielten uns in einem zukünftigen offenen Körperkonzept auf, in dem die Stimme maximal als appellativer Charakter vorkommen kann. Dennoch wäre ohne unsere Stimmen und Körper ein Austausch, wie wir ihn geführt haben mit aller Leidenschaftlichkeit und Frustration, undenkbar. Am glücklichsten waren für mich die Momente, in denen wir uns die Abwesenheit von Körper und Emotionen, die Schwierigkeit sie zu fassen und zu benennen, in allen anwesenden Wissenschaften und Künsten eingestanden. Genau an diesem Punkt möchte ich weiterarbeiten, er erscheint mir gerade erst errungen und sehr ergiebig.“ (Ulrike Sowodniok)
Sozialer Raum & Digitalisierung
Welchen Einfluss hat der soziale Raum auf die Gestaltung von und durch digitale
Technologien? Welche Theorien des sozialen Raumes bieten Anknüpfungspunkte für
Digitalisierungen? Inwieweit wird der soziale Raum durch Digitalisierungen verändert? Welchen
Einfluss hat eine (Um-) Gestaltung von „verkörperter“ digitaler Information auf das Verständnis des leiblichen, lebendigen Körpers sowie daran geknüpfte Rückschlüsse auf Emotion? Und somit auch: Inwiefern ist das körperlich-emotionale Erleben der physisch-sozialen Welt an die dinghafte Welt gekoppelt?
„Im Rahmen des Einsteinzirkels bod-y-motion konnten hierzu bereits aussichtsreiche Betrachtungsweisen und Untersuchungsansätze formuliert werden, nicht zuletzt in Bezug darauf, wie eine Auseinandersetzung mit und durch digitale Technologien gestaltet werden kann. Ein Beispiel hierfür wäre die interdisziplinär organisierte Beschäftigung mit so genannten Tangible User Interfaces (TUIs), bei denen es darum geht, digitale Information (haptisch und dadurch auch auf eine andere Weise kognitiv) erfahrbar zu machen. Denn digitale Technologien verändern durch ihre Entfaltung in realen Umgebungen nicht nur Räume, sie bilden auch neue – nicht zuletzt (emotionale) Erfahrungsräume.“ (Tom Bieling)