Workshop "Performance und Architektur – Realisationen (in) der Fotografie?"
Interdisziplinärer Workshop des Graduiertenkollegs „Das Wissen der Künste“
7. und 8. April 2016
Wie wirkt das Wissen um ein Fotografiert-Werden auf die Produktion, Konzeption und Rezeption von Performance und Architektur? Entstehen bestimmte Performances oder Architekturen genuin durch den Einfluss der Fotografie? Oder realisieren sich Performance und Architektur erst in der Rezeption durch die Fotografie beziehungsweise durch die Rezeption in der Fotografie? Welches andere Wissen entsteht über die künstlerische Produktion in der oder durch die Fotografie? Welche Grenzen sind der Fotografie gesetzt?
Die Rezeption sowohl von Performance als auch von Architektur ist wesentlich mit dem Medium der Fotografie verbunden – auf den ersten Blick aus unterschiedlichen Gründen: Der Performance hilft sie über die zeitliche Gebundenheit hinweg. In der Architektur setzt sie deren örtliche Gebundenheit scheinbar außer Kraft. Bei genauerer Betrachtung bricht diese Unterscheidbarkeit in ihrer Eindeutigkeit auf: Auch Bauten sind zeitlich gebunden, Performances sind räumlich verortet.
Der interdisziplinäre Workshop „Performance und Architektur – Realisationen (in) der Fotografie?“ baute auf Positionen der Architektur-/Kunstwissenschaft, der Medienwissenschaft sowie der Tanz- und Theaterwissenschaft auf. Er verband damit erstmals die getrennt verhandelten Felder über die Auseinandersetzung mit der Fotografie – sowohl als Technik als auch als Medium. Damit zeigte sich neben ihrer Dokumentationsfunktion auch die Veränderung des Gezeigten durch die Fotografie.
Die Fragen nach dem Einfluss der Fotografie betreffen zwei Perspektiven: erstens die Formulierung architektonischer und Performancekonzepte (der Künstlerinnen und Künstler) und zweitens die Formulierung einer Re-(Kon)zeption durch die Rezipierenden.
Reflektionen über methodische Zugänge basierten auf der gemeinsamen Diskussion einschlägiger theoretische Positionen (Auslander, Colomina, Jones, Phelan, Ruhl, Sachsse) sowie der Performance "urban voice-orange" von Ulrike Sowodniok (Tänzerin/Stimmanthropologin) und Angela Ankner (Fotografin) und einem anschließenden Künstlerinnengespräch. Ein Archivbesuch innerhalb der Universität der Künste erweiterte die Diskussion um Einblicke in gegenwärtige wie vergangene Praktiken.
Konzept: Constance Krüger, Ralf Liptau, Dennis Pohl
urban voice - orange
Performance von und mit Ulrike Sowodniok und Angela Ankner
7. April 2016 um 19:30h im orangelab
Ernst-Reuter-Platz 2, 10587 Berlin
Einlass ab 19:00h, Eintritt frei
urban voice – orange
ist ein performatives Forschungsprojekt der Sängerin und Stimmanthropologin Ulrike Sowodniok für Stimme, Bewegung und Klangumgebung. Als Teil einer Serie von Performances untersucht die Künstlerin die Wechselwirkung von urbanem Klangraum und menschlichem Stimmklang in spezifisch ortsgebundenen Settings. Die Architektur des Orangelab auf einer Ebene mit dem Pflaster um den Ernst-Reuter-Platz wird diffus vom Stadtklang angeregt. Im Binnenraum der Performance geschieht eine akustische Schärfung und Bezugnahme durch Fieldrecordings aus dem Stadtraum, die von live erzeugten Stimmklängen zwischen Sprechen und Singen überlagert werden. Welche Wechselwirkungen entstehen zwischen stimmlichem Spektrum und urbanen Klangbändern im Raumklang? Eine weitere Überlagerungsebene im Verhältnis zum urbanen architektonischen Raum bildet das Duo mit der Fotografin Angela Ankner. Maskierungen, Phantomklänge, Mischklänge und kinästhetische Anregungen durch Klänge bilden ein dichtes räumliches Gewebe mit der architektonischen Situation des Orangelab. Das Klicken der Spiegelreflexkamera wird in diesem Netzwerk zu einem akustischen Reflex für Gesehenwerden und räumliche Einordnung. Stimmklang zeigt darin seine Bedeutung jenseits von Sprachbedeutung. Orientierung bildet sich in jedem Moment neu. Körperlichkeit zeigt sich in jedem Moment neu durch Stimmklang und Bewegung. Gleichzeitig wird sie reflektiert auf den geronnenen Moment hin, in dem das fotografische Abbild als zeitliche Körperqualität einer Vergangenheit in der Zukunft entsteht. „Orange“ differenziert sich in subtile Schattierungen von körperlichen Binnenräumen, die sich als urbane Klangräume ausprägen.
- Ulrike Sowodniok -
Ulrike Sowodniok
Die Sängerin und Stimmanthropologin Ulrike Sowodniok studierte Medizin, Philosophie, Lichtenberger® angewandte Stimmphysiologie, slawisches Belcanto, zeitgenössische Interpretation und Sound Studies. Zahlreiche künstlerische Arbeiten für Stimme und Klangumgebung, Forschung zu Stimmklang und Bewegung, internationale Lehrtätigkeit, umfangreiche Veröffentlichungen zu Stimme Sinnesanthropologie u.a. 2013, Monographie „Stimmklang und Freiheit – zur auditiven Wissenschaft des Körpers“ bei transcript im April 2013. http://www.ulrikesowodniok.de/
Angela Ankner
arbeitet seit 1998 als Fotografin mit den Schwerpunkt Reportage und Portrait in Kunst, Performance und Tanz.