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Unsere Gründer/innen
 

Foto: Fabrizio Giraldi

 

"Der Spagat zwischen Kunst und Unternehmen ist nicht immer leicht" - im Gespräch mit dem Soundkünstler Abel Korinsky

 

Sie haben gemeinsam mit Ihren Brüdern "Korinsky - Atelier für vertikale Flächen" gegründet. Wie kam Ihnen die Idee dazu?

 

Zunächst stand bei uns nicht die Idee, ein Unternehmen zu gründen, im Vordergrund. Im Zentrum stand von Anfang an unsere künstlerische Arbeit. Aus unseren unterschiedlichen künstlerischen Hintergründen hat sich die Möglichkeit ergeben zusammenzuarbeiten. Das Atelier für vertikale Flächen meint deshalb mehrere Dinge: Den Ort, unseren Arbeitsraum, die Gründung als Firma und natürlich die Idee des noch immer seltenen Zusammenschlusses von drei Künstlern. In diesem Rahmen wirken wir gleichberechtigt zusammen und vertreten gemeinsam eine künstlerische Position: Korinsky. Diese Organisation ist nach außen nicht immer ganz leicht zu vertreten. Für den Kunstmarkt ist es allemal ungewöhnlich, aber auch bei unserer Tätigkeit als Hochschullehrer braucht es immer etwas mehr Erklärung, um deutlich zu machen, dass wir auch hier zu dritt auftreten. Aber da wir das Atelier schon 2012 gegründet haben, merken wir inzwischen auch, dass unsere Arbeitsform schon etwas bekannter ist und wir dadurch auch ein Alleinstellungsmerkmal haben.

 

 

Welche Erfahrungen aus Ihrer Gründerzeit sind Ihnen besonders wertvoll?

 

Es ist eine Mischung von unterschiedlichen Erfahrungen, die uns bis heute prägen. Bis heute ist es nicht immer ganz leicht, den Spagat zwischen Kunst und Unternehmen zu schaffen, da beide Bereiche sich häufig sehr kritisch beobachten: Kunst soll ihrem Ideal nach am besten nicht kommerziell erscheinen, Künstler gelten andererseits oft als schlechte Unternehmer. Dass aber Künstler auch gute Unternehmer sein müssen, soll dabei zumindest nicht im Vordergrund stehen. Wenn Kunst, die möglichst nicht kommerziell erscheinen soll, auf Unternehmertum trifft, das in erster Linie wirtschaftlich erfolgreich sein soll, dann haben wir uns auf jeden Fall zwei Bereiche ausgesucht, die nicht einfach zu verbinden sind. Ansonsten haben wir lange dafür gebraucht, Erfolge und Steigerungen mit Flauten, Rückschlägen ins richtige Verhältnis zueinander zu setzen. Wir haben gelernt, dass besonders in der Kunst Erfolge nicht langanhaltend sein müssen und andererseits nach Flauten auch immer wieder neue Energie kommt.

 

 

Welches waren die größten Stolpersteine bei der Gründung Ihres Unternehmens?

 

Am schwierigsten war für uns die Einordnung und Positionierung zwischen Kunst und wirtschaftlichem Startup. Genauer gesagt war das für uns selbst überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: Künstlern schadet eine gewisse unternehmerische Herangehensweise an Projekte überhaupt nicht und im Unternehmertum wird ja auch sehr häufig von unternehmerischer Kreativität usw. gesprochen. Allerdings erschwert dies eine eindeutige Definition nach außen. Aber muss alles immer sofort eindeutig sein? Zwischen diesen beiden Stühlen haben wir dann individuelle Lösungen gefunden, mit denen wir jetzt gut arbeiten können. Das ist auch einer der wichtigen Schritte: Am Anfang befolgt man zunächst gewisse Standardregeln und -tipps, bevor man erkennt, wo man eigene Wege gehen muss und kann.

 

 

Neun von zehn Startups scheitern, gut ein Drittel überlebt bereits die ersten drei Jahre nicht. Sie sind seit fünf Jahren erfolgreich am Markt. Was haben Sie richtig gemacht?

 

Das ist schwer zu sagen, zumal die Frage ja schon vom Scheitern und Erfolg spricht. Wir hatten in den fünf Jahren vermutlich schon einige Situationen, in denen andere Unternehmer das Handtuch geworfen hätten. Aber da waren wir dann vielleicht zu sehr Künstler, die Leidenschaft zu groß und irgendwie ging es weiter. Wir haben im Gegenzug aber auch noch nie von Exit-Strategien und großen Investoren träumen dürfen. Aus unserer Sicht ist das Startup-Dasein in den letzten Jahren sehr sexy geworden, Erfolg ist es noch viel mehr und wenn es nicht klappt, scheitert man und nutzt die Chance. Das ist bisher nicht unser Weg. Unser Arbeitsfeld, die Klangkunst, ist für Außenstehende oft so vage, dass es uns gut tut, eine gewisse Bodenständigkeit an den Tag zu legen und die Dinge gelassener zu betrachten. Nach fünf Jahren können wir sagen, dass es nicht unbedingt leichter wird, aber durch Wiederholungen wird man gelassener. Wir wissen heute auch genauer, was wir wollen und was nicht.

 

 

Was würden Sie heute tun, hätten Sie kein eigenes Unternehmen gegründet?

 

Für uns war es zunächst nicht das Ziel, ein Unternehmen zu gründen. Wir haben als Künstler zusammengearbeitet, hatten eine Idee oder vielmehr ein Werkzeug, unsere Software Vertical Sound Lab, um unsere Kunst erlebbar zu machen und einer Öffentlichkeit zu präsentieren. Daraus resultierte dann die Frage, welche Form des Unternehmens wir benötigen, um mit dem geringst möglichen bürokratischen Aufwand gemeinsam an unserer Kunst zu arbeiten. Für uns war der Weg aber immer klar vorgezeichnet und es gab keinen Plan B - die Selbständigkeit stand für uns schon immer außer Frage. In einem Angestelltenverhältnis wäre unsere Arbeit so nicht möglich gewesen. Das merken wir daran, wie wenig über die künstlerische Arbeit mit Klängen nach wie vor bekannt ist. Wir betreten immer wieder neue Wege und dazu benötigen wir eine große Freiheit.

 

 

Sie arbeiten als Team von drei Brüdern zusammen, haben ähnliche Ausbildungen hinter sich. Das klingt erst einmal ungewöhnlich - wie kam es dazu?

 

Für uns ist es das Normalste der Welt, dass wir als Künstler zusammen arbeiten. Wir sind vom Alter nicht weit auseinander, haben eine ähnliche Ausbildung und dadurch drehten sich unsere Gespräche oft um Themen aus unserem jetzigen Beruf. Es ging häufig um Wahrnehmungen, Geräusche, Erinnerungen usw. So gesehen haben wir viele Dinge, die wir immer schon gemacht haben, professionalisiert, weiterentwickelt und für ein Publikum umgesetzt. Auf der gesamten Strecke, die wir bisher gemeinsam zurückgelegt haben, ist die Unternehmensgründung ein Baustein, aber nicht unbedingt der Anfang von allem.

 

 

Bei einer so engen Zusammenarbeit gehen Sie sich bestimmt auch mal auf die Nerven...

 

Das bleibt nicht aus. Die Distanz und Rücksichtnahme auf Empfindungen, die unter "normalen" Arbeitskollegen existiert, besteht bei uns Brüdern natürlich nicht. So ist natürlich der Austausch deutlich direkter und unmittelbarer. Das muss man aushalten, aber am Ende ist es sicherlich etwas, das bereits aus vielen Familienunternehmen bekannt ist. Seine eigene Familie nimmt man extrem in die Pflicht und stellt andere Maßstäbe an deren Leistungen als an fremde Mitarbeiter. Besonders in angespannten Situationen und bei großen Projekten wird der Ton häufig auch mal rau. Das wirkt auf Außenstehende vielleicht komisch, wird aber von uns allen akzeptiert und ist meist schnell wieder vergessen.

 

 

Welchen ultimativen Tipp geben Sie unseren Gründer/innen des CTC mit auf den Weg?

 

Bevor man überhaupt anfängt, sich auf den Weg zu machen, ein Unternehmen zu gründen, braucht man Menschen um sich herum, die an einen und das Unternehmen glauben. Das können Freunde, Kollegen oder eben auch Fördermaßnahmen mit entsprechenden Mitarbeitern sein. Wichtig ist, nicht nur auf enge Freunde zu bauen, die einem aus Höflichkeit mitteilen, dass die Business-Idee super ist. Man braucht Sparringspartner, mit denen man diskutieren und streiten kann, die aber immer das Beste für das Unternehmen und den Gründer wollen. Diese Menschen sind zum Anfang der Gründerphase leider sehr selten, weil viele Menschen lieber erst einmal aus sicherer Entfernung beobachten, als sich gemeinsam unterstützend zu engagieren. Es gibt zudem eine wachsende Zahl an Angeboten für Gründer, aber hier muss kritisch hinterfragt werden, ob sie wirklich der Gründung des Unternehmens dienen, oder Einrichtungen sind, ihrerseits querfinanziert sind und deshalb eigene Interessen verfolgen. Hinter vielen Förderungen stehen auch politische Interessen. Aus unserer Erfahrung sind es meistens nur ein oder zwei Unterstützer, die wirklich helfen. Wir haben diesen großartigen Rückhalt, für den wir noch bis heute sehr dankbar sind, von der damaligen und wundervollen Leiterin des CTC, Angelika Bühler, erhalten.

 

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