Im Gespräch mit Vlasta Kubušová - Gründerin von cp!s
Was ist Ihre Gründungsidee?
Aktuell möchten wir ein neues Produkt einführen - Brillenrahmen aus biobasiertem, abbaubarem Granulat mit Einsatz von natürlichen Pigmenten. Dieses Produkt soll die Aufmerksamkeit auf die Problematik von Erdöl-basierter Kunststoffproduktion richten. Die Nebentätigkeiten sind Workshops und Beratung: Interessierte Firmen können von dem Service der Beratung im Umgang mit Bio-Kunststoffen Gebrauch machen. In diesem Jahr werden wir zum Beispiel in Kooperation mit einem Festival einige Produkte herstellen, die man am Ende alle zusammen kompostieren könnte.
Unser Fokus liegt vor allem auch darin, zu beweisen, dass nachhaltige Produkte anziehend und modisch sein können, anstatt einer Öko-Ästhetik zu folgen, die wir bei zu vielen Labels beobachten können. Wir wollten Ready-to-Wear biobasierte Produkte gestaltet und in konstantem Dialog mit Wissenschaft und Industrie bleiben. Die wissenschaftliche Recherche und modische Relevanz steht bei uns im Vordergrund.
Warum haben Sie sich genau für dieses Produkt entschieden?
Während unseres Studiums hat uns die Recherche in Richtung Produktion und Überkonsum in der Modeindustrie auf die Idee gebracht, dass Bioabbaubarkeit ein Problem unerwartet lösen kann: die ständige Nachfrage nach Neuem, die das kapitalistische System ausmacht, aber nun ohne den Nachteil von Resten bzw. Abfall. Sie bringt eine Aussicht auf ökologische und soziale Fast Fashion mit sich, mit Produkten, die am Ende mal Pflanzen düngen werden. Der Verbraucher wird demnach das Kleidungsstück/Accessoire nicht mehr nach nur einer Saison entsorgen oder verstauen müssen. Man kompostiert das Produkt am Ende seines “Lebens” und darf sich der Lust hingeben, wieder zu konsumieren.
Brillen gehören zu der Kategorie von Modezubehör, welche den Trends der Modebranche unterliegt und sich von hochwertiger handgefertigter Klasse zu den billigen Massenprodukten unterscheidet. Für dieses Produkt und unser Material haben wir eine Produktionstechnologie entwickelt, die uns ermöglicht, unser Know-How direkt am funktionalen Produkt zu testen. Bis jetzt werden biobasierte Kunststoffe hauptsächlich für Verpackungen benutzt. Unsere Strategie ist es, dieses vergängliche Material in der Produktion von hochwertigen und persönlichen Produkten zu verwenden.
Was unterscheidet Sie von anderen nachhaltigen Materialentwicklungen?
Unsere Innovation liegt hauptsächlich in der Kombination von dem von uns verbesserten Biokunststoff und der kreativen Integration in Designprodukte. Durch unsere Experimente haben wir die Eigenschaften des Materials so verändert, dass das Material sehr geeignet für Produkte ist, die keine Nischenposition besetzen wollen, sondern auch einen breiteren Markt ansprechen.
Die Eigenschaften unseres Materials - 100% erneuerbare Rohstoffe, biologische Abbaubarkeit und besondere Verarbeitungstechnologie - treffen auf eine einmalige Ästhetik mit verbesserten Eigenschaften und führen zum Einsatz von ökologischem Material in größeren Produktion (z.B.: Mode, Accessoires), bei der der biologische Vorteil essenziell für Konsument wie Produzent ist. Das Aussehen überrascht, da bisherige nachhaltige Kunststoffe hauptsächlich in Gelb-, Grau-, oder Grüntönen vorkommen. In unseren Produkten arbeiten wir mit biologisch abbaubaren Pigmenten in lebhaften Farben und einzigartigen Mustern mit Wiedererkennungswert.
Haben Sie eine Strategie, wie Sie Ihren Kunden den Wert des nachhaltigen Materials vermitteln wollen?
Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Überzeugung der Industrie durch die Kommunikation der Vorteile und Anforderungen von Biokunststoffen sind zwei der größten Herausforderung für cp!s. Schon während unseres Masterstudiums haben wir Workshops für verschiedene Zielgruppen organisiert. Von den Firmen bis zu den Besuchern der Designausstellungen konnten wir über die Workshops nicht nur unsere Ideen vermitteln, sondern den Teilnehmer/innen ermöglichen, sich aktiv in unsere Forschung und Produktionsmethoden einzubringen. Manche von unseren Methoden, die wir für unsere Produkte am Anfang benutzt hatten, waren so gestaltet, dass man sie sehr schnell aufnehmen konnte, um ein Produkt selbst kreieren zu können. Daher resultiert auch unser Name - crafting plastics!
Sie haben das Berliner Startup Stipendium für Ihre Gründungsidee erhalten. Was verändert sich dadurch?
Das Berliner Startup Stipendium ermöglicht uns endlich, uns nur auf cp!s zu konzentrieren. Jeder, der etwas gegründet hat, weiß, wie schwierig ist es ist, mit einem Projekt anzufangen, wenn man dazwischen verschiedene andere Jobs haben muss, um zu überleben. Durch das Stipendium erhalten wir finanzielle Starthilfe für ein halbes Jahr und zusätzlich einen Arbeitsplatz. Wir sitzen jetzt in einem schönen Raum am Einsteinufer mit einem EXIST-Team. Über das Stipendium können wir auch die andere Teams kennenlernen und uns gegenseitig helfen – das empfinde ich als größten Vorteil. Darüber hinaus sind wir mit den akademischen Ebenen verbunden und dürfen die Werkstätten benutzen, was bei der Prototypen-Gestaltung sehr hilfreich ist.
Was bedeutet es für Sie, selbständig zu sein?
Ich war bereits früher selbständig. Es bedeutet für mich in einem ständigen Risiko zu leben, weil man kein regelmäßiges Einkommen hat. Durch das Stipendium wird es deswegen nun viel einfacher. Auf der anderen Seite hat man aber als Selbständige eine große Freiheit in den täglichen Entscheidungen, wie zum Beispiel in der Organisation der Arbeitszeit oder der Wahl der Kooperationspartner, weil man für sich und sein Projekt selbst verantwortlich ist.
Welche Voraussetzungen brachten Sie bei Ihrer Gründung schon mit?
Ich habe bis jetzt noch kein Unternehmen gegründet, aber eine NGO in der Slowakei, in der wir uns schon seit fünf Jahren auf die Organisation von verschiedenen Kulturveranstaltungen konzentrieren (z.B. Creative Mornings Bratislava). Durch mein Studium im Theaterbereich und Film & Media Produktion bin ich es gewohnt, im Team zu arbeiten. Kollaboration und Austauch ist bei cp!s extrem wichtig. Ich denke, dass meine vorherige Arbeit mir damit zum Vorteil wurde.
Tauschen Sie sich auch mit anderen Gründer/innen aus?
Bis jetzt haben wir leider nicht so viele Möglichkeiten, uns mit anderen Gründern auszutauschen. Wir sitzen in verschiedenen Gebäuden. Deswegen freue ich mich auf gemeinsame Veranstaltungen. Wir suchen immer nach Kontakten zu jungen Wissenschaftlern (am besten Chemiker), die in unser Team neue Idee und Impulse bringen können.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründer/innen?
Am besten lernt man aus den Fehlern, die man selbst gemacht hat. Ein Problem für uns war, dass es unserem Projekt an einer Struktur gefehlt hat. Grund dafür war vermutlich auch, dass wir aufgrund unserer finanziellen Lage keinen richtigen Arbeitsplatz hatten. Wir möchten uns nun eine gute Struktur erarbeiten und uns greifbare und realistische Ziele setzten.
Ich denke, es ist sehr wichtig, dass man von Leuten und Kollegen umgeben ist, die an das Projekt oder Produkt wirklich glauben. Zudem ist es sehr wichtig, Dinge, die nicht so gut laufen, sofort zu ändern und nicht erst ein halbes Jahr später.
Haben Sie Pläne zur Herstellung weiterer Produkte aus Ihrem entwickelten Material? Was sind Ihre langfristigen Pläne?
Wir bei cp!s haben die Vision, Trendsetter für ansprechende Nachhaltigkeit zu werden. Und das ist schon ganz mutig, denke ich. Brillen sind unser proof-of-concept-Produkt. Daran wollen wir unsere Technologie und unser Kommunikationskonzept testen. Das größte Ziel ist unsere Kollektion auf den Markt zu bringen. Am Anfang möchten wir im Fashion-Bereich bleiben und als nächstes mit der Biokompatibilität von unserem Material arbeiten und z.B. Spielzeuge für Kinder entwickeln. Unser Ziel ist es, neben eigenen Produkten uns selbst und verschiedene Firmen in ökologischen und ökonomischen Thematiken weiter zu bilden. Aber alles ist noch offen und wir freuen uns auf die nächste Zeit.
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