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Gleichstellung + Personalrat: ein Schnittstellengespräch mit Charlotte Freundel und Stephanie Schwarz
Charlotte Freundel ist im International Office der UdK Berlin im Bereich Internationale Beziehungen tätig. Seit Sommer 2019 engagiert sie sich als nebenberufliche Frauenbeauftragte der Zentralen Universitätsverwaltung (ZUV) und ist seit Dezember 2020 stellvertretende Vorsitzende des Personalrats.
Stephanie Schwarz ist Projektkoordinatorin am UdK Zentralinstitut für Weiterbildung (ZIW). Sie ist Stellvertreterin der hauptberuflichen Frauenbeauftragten (zusammen mit Kerstin Iskra) und Ersatzmitglied der Liste UdK2030 im Personalrat.
Das Gespräch führte Henrike Lehnguth.
Ihr habt Euch beide zur Wahl zum Personalrat aufgestellt und seid im Dezember 2020 in den neuen Personalrat gewählt worden. Was hat Euch bewogen, Euch aufzustellen?
Stephanie Schwarz (StS): Ich habe mich dazu entschlossen, weil ich über meine Aktivitäten im Rahmen der Zukunftstage UdK2030, eine Form des Erstarkens wahrgenommen habe – der Wirkmächtigkeit der*des Einzelnen in der Hochschule. Gremienarbeit ist ein ganz zentrales Instrument zur gemeinsamen Gestaltung, auch wenn diese vielleicht nicht so attraktiv präsentiert und wahrgenommen wird. Ich hatte den Eindruck, dass es wichtig wäre, die Gremien mit den Themen zu befüllen, die wir bei den Zukunftstagen UdK2030 zusammengetragen hatten. Themen wie transparente Kommunikation, hierarchiefreies Arbeiten, gutes Arbeiten in Forschung und Lehre und mehr. Das war mein Motor.
Charlotte Freundel (CF): Meine Initialzündung begann kurz nachdem ich im Amt der nebenberuflichen Frauenbeauftragten angefangen hatte [Anm. d. Redaktion: Das war 2019]. Damals hatten wir den Fall, einer Ablehnung eines Antrags auf Telearbeit. Wir haben daraufhin einen Vermerk erstellt, dass die Dienstvereinbarung nicht zeitgemäß sei. Vom Personalrat haben wir – trotz Nachfrage – nichts gehört. Das war der erste Stein. Im April/Mai 2020 saßen wir dann alle im Home Office. Auch da wurde der Personalrat angeschrieben – zur Vereinbarkeit von Home Office und Betreuungsanforderungen zu Hause. Auch da keine Antwort. Daraufhin haben wir einen offenen Brief geschrieben. [Anm. d. Redaktion: Offener Brief zur geplanten Dienstvereinbarung Telearbeit / Homeoffice / Mobiles Arbeiten]. Und ich habe gemerkt, ich muss aktiv werden. Denn es gibt hier ein starkes Gremium, aber es ist nicht erreichbar.
Ihr seid als UdK2030 bei der Personalratswahl angetreten und seid gerade schon etwas darauf eingegangen. Was haben die Aktivitäten rund um UdK2030 denn aus Eurer Sicht nach in der UdK Berlin bewirkt?
StS: Ich finde, das, was es bewirkt hat, ist, dass ein Dialog entstanden ist. Es ist der Wunsch und auch der Glaube bestärkt worden, dass die Hochschule ein lebender Apparat ist. Dass wir eine lebendige Hochschule sind, die veränderbar und verbesserbar ist. Eine Hochschule, die einen unglaublichen Reichtum an kreativen Ideen, aber auch an unterschiedlichen Bedürfnissen hat, die manchmal schwierig zu vereinbaren sind. Da ist Dialog ein guter Weg. So kann sich Visionäres entwickeln, aber auch ganz konkrete Arbeitspakete. Wie bei den Arbeitsgruppen, die sich bei den Zukunftstagen UdK2030 entwickelt haben und fortgeführt wurden. Wie der Austausch mit der Personalstelle, DVOrg, dem Haushalt und der Drittmittelstelle. Wie gemeinsame Jours Fixes, Arbeitsgruppen etc.
CF: Die UdK ist von innen heraus veränderbarer. Das Gruppenübergreifende, das Netzwerken – alle Teile der UdK können bei den Zukunftstagen zusammen kommen. Das gibt es sonst maximal beim Rundgang, dass man Kolleg*innen aus anderen Häusern trifft Der Zukunftstag trägt dazu bei, dass mehr Ideen, neue Wege entstehen – dass etwas passiert. Es ist nicht nur die Hochschulleitung, die verändert. Jede*r kann dazu beitragen, wenn sie*er möchte.
Ihr seid jetzt Mitglieder des Personalrats. Gleichzeitig seid Ihr auch aktiv als Frauenbeauftragte. Wo seht Ihr Schnittstellen in den Aufgaben und Zielen – Personalrat/ Frauenbeauftragte?
StS: Thematisch hast du es schon angesprochen, Charlotte – z.B. die Dienstvereinbarungen. Wir haben eine Brille auf, die den Gleichstellungskontext mitdenkt. Bestimmte Dinge bekommen eine andere Dringlichkeit und Notwendigkeit. Sie werden mit einem anderen Schwung vorangetrieben. Die Dienstvereinbarung zur Telearbeit ist so eine Schnittstelle.
CF: Was wir aus unserer Frauenbeauftragtentätigkeit kennen, sind sehr unterschiedliche Projekte. Seien es Veranstaltungen wie DiVAversity, Broschüren – das ist ein bunter Blumenstrauß. Das auf den Personalrat zu übertragen finde ich wichtig. Es sollte nicht nur dabei bleiben, Personalvorgänge abzuarbeiten.
Wo seht Ihr mögliche Interessenskonflikte?
StS: Ich sehe keine. Der Personalrat besteht ja aus verschiedenen Leuten und soll ja die verschiedenen Menschen an der Hochschule abbilden. Das gelingt nur, wenn ich unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Themen einbeziehe. Charlotte ist als Mitglied des Vorstands auch nochmal exponierter vertreten.
CF: Der einzige Nachteil ist, dass wir Stellen doppelt besetzen. Es gibt eine Schwerfälligkeit, Gremienarbeit zu übernehmen. Durch die Doppelbesetzung werden Positionen aber blockiert, falls sich Kolleg*innen engagieren wollen. Mit den Positionen erarbeitest du dir ja auch Spezialwissen, das dir selbst hilft, die Uni besser zu verstehen. Da wäre es schön, wenn es noch mehr Personen gibt und wir einen Teppich voller Engagement hätten.
Wo seht Ihr mögliche Kooperationspartner*innen?
StS: In der Anfangszeit haben wir im Personalrat verteilt, wer in welche Ausschüsse geht. Da gibt es wesentliche Schnittstellen – mit der Kommission für Chancengleichheit, mit dem Vertrauensrat/ Rat der Vertrauenspersonen etc. – und immer auch neue Impulse. Der Personalrat ist in Sitzungen vertreten und nimmt Dinge nach dem Schwammprinzip auf – trägt bestimmte Dinge mit oder wird auch mit bestimmten Ideen beauftragt. Was beispielsweise gendergerechte Sprache angeht in der Verwaltung – da ist es wichtig, dass verschiedene Stellen miteinander sprechen.
CF: Manchmal habe ich das Gefühl, den Überblick zu verlieren, wer mit wem zusammenarbeitet. Die vielen Themen, Gremien, Ausschüsse – wie können wir die zusammenführen? Letztlich ist auch der Personalrat nicht gut genug aufgestellt, um überall mitzumischen. Ich fände es aber wünschenswert, wenn der Personalrat ein Knotenpunkt wäre und sich die Kräfte so aus den einzelnen Initiativen besser bündeln.
Im Moment durchlaufen wir, bedingt durch die Corona-Pandemie, ja eine sehr herausfordernde Zeit. Was ist Euch, gerade unter diesen Bedingungen, als Personalratsmitglieder und Frauenbeauftragte wichtig? Was sollten UdK-Angehörige unbedingt wissen?
StS: Transparenz finde ich wichtig – wie bei dem Brief zur Elternschaft [den wir verfasst haben und der als No-Reply-Mail über die Hochschulleitung versendet wurde]. [Anm. d. Redaktion: siehe Beitrag zu Corona-Ressourcen für Eltern in diesem Newsletter.] Wichtig ist, sich als Arbeitgeberin proaktiv zu verhalten, wenn Mitarbeiter*innen in bestimmte Situationen gebracht werden. Das heißt: diese Sondersituation zu sehen und möglichst viele Signale der Unterstützung auszusenden. Und Dinge wie der Brief zur Elternschaft müssen auch breit kommuniziert werden. Welche Möglichkeiten der Entlastung es für mich gibt – da sind der Personalrat und die Frauenbeauftragten gute Ansprechpersonen, z.B. bei dem Thema Freistellungstage. Da höre ich Dinge wie: „Ich kann das nicht nutzen, ehe das und dies weggearbeitet wurde.“ Ich finde, da muss Entlastung geschaffen werden. Da muss geschaut werden, ob die Maßnahmen ausreichend sind. Da müssen Arbeitsaufgaben und -abläufe entsprechend angepasst werden oder am Ende auch dem Senat gegenüber zurückgemeldet werden, dass die Maßnahmen nicht der Arbeitssituation an den Hochschulen entsprechen. Im Moment sehe ich dazu auf Ebene der Hochschulleitung eher die Haltung: „Ach, das wird ja gar nicht so häufig in Anspruch genommen.“ Und ich würde mir eben eher die Frage nach den Bedürfnissen wünschen – hier muss ein kritischer Abgleich erfolgen.
Was würdet Ihr denn raten?
StS: Im Prinzip könnten sich ja viele freistellen lassen. Letztlich sind dann aber die Strukturen nicht mehr arbeitsfähig. Deshalb rate ich immer mit den Vorgesetzen ins Gespräch zu gehen. Zu besprechen: Was muss umgesetzt werden? Und was muss unter diesen Bedingungen liegenbleiben? Was ist der Herz-Lungen-Kreislauf, um am Leben zu bleiben. Was sind Nebenschauplätze?
CF: Ich finde generell sollten wir Kolleg*innen ermutigen, so etwas nachzufragen. Ich weiß gar nicht, wie das im Moment alle hinkriegen oder lösen. Wir könnten mehr informiert und ins Boot geholt werden. Ich bekomme keine Anfragen – hast du viele Anfragen, Stephanie?
StS: Viele! Die scheitern dann oft an der Umsetzung.
CF: Und das Thema Home Office ist für viele belastend. Da reicht nicht ein Papier von der Betriebsärztin zu aktivierenden Pausen und mehr. Der Personalrat hat nachgefragt, aber die Hochschule will nicht zwei Arbeitsplätze zahlen. Ich sehe im Moment die Option, sich den Stuhl aus dem Büro zu holen oder einen Bildschirm gestellt zu bekommen. Aber das funktioniert nur auf Eigeninitiative.
StS: Und das fällt ja unter die Fürsorgepflicht der Hochschule. Ich will ja schließlich, dass alle noch gesund sind, wenn die Pandemie nicht mehr so vordergründig ist. Da geht es darum, proaktiv zu sein.
CF: Ja – nachhaltige Fürsorgepflicht.
StS: Ich fände eine Form von Sichtbarmachung gut. Vieles könnte sehr viel transparenter passieren. Im Moment wird sich informell über die Mitarbeiter*innen ausgetauscht. Dann gelingt es, Drucker, Stuhl, oder Monitor nach Hause zu schaffen. Aber es gibt keine einheitliche Vorgabe.
CF: Aber es ist schnell eine Willkür. Wer am cleversten ist, bekommt etwas.
Wenn Ihr mit einem Adlerblick – Personalrat und Frauenbeauftragte – auf die UdK Berlin schaut, was möchtet Ihr längerfristig an der UdK Berlin erreichen? Was möchtet Ihr längerfristig an der UdK Berlin verändern?
CF: Bessere Bezahlung (lacht). Eine angemessenere Entlohnung wäre möglich, wenn die Prozesse gestraffter wären. Vieles könnte besser organisiert sein – dann gäbe es auch weniger Überlastung.
StS: Meinst du mit besserer Bezahlung das Arbeitsaufkommen? Die Aufgabenbereiche und der Stellenumfang? Und stabilere Strukturen wären gut – mehr feste Stellen. Gerade im Mittelbau sind die wenigsten Stellen entfristet. Das führt zu einer hohen Unzufriedenheit und Fluktuationen. Gleichzeitig gibt es eine Kultur der Akzeptanz, was die Überlastungen der Mitarbeiter*innen betrifft.
CF: Und die fehlende Stabilität führt auch zu einer unglaublichen Mehrarbeit in der Personalabteilung. Was ich mir aber noch wünschen würde, ist, mehr von anderen mitzubekommen. Viele schätzen die Inspiration durch die Kunst und den Austausch mit Studierenden sehr – und doch kochen wir oft im eigenen Süppchen. Es bereichert sehr, zu schauen, was wir uns bei Kolleg*innen in anderen Häusern abgucken können.
StS: Es ist schwer aus der Corona-Perspektive einen Adlerblick zu entwickeln. In welche Richtung kann es gehen, was brauchen wir zukünftig in der Hochschule? Dass für solche Überlegungen später wieder mehr Kraft da ist, finde ich wichtig. Die wird gerade etwas verschluckt, weil wir zurzeit viel Kraft investieren müssen, um den vor uns liegenden Tag zu bewältigen und zu versuchen es leicht aussehen zu lassen. Wie ein Maulwurf, der schwimmen möchte – so geht es mir. Die Themen Chancengleichheit und Diversität nachhaltig strukturell an der Hochschule zu verankern und den Diskurs weiter hineinzutragen in die verschiedenen Bereiche von Lehre und Forschung bis zur Verwaltung.
CF: Ein Wunsch ist auch, nachdem wir jetzt die Sprachgerechtigkeit schon umfassender umsetzen auch beim Thema Klimagerechtigkeit vorne mit dabei zu sein. Und hier ein Zeichen setzten.
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