Leopold Dick
Composing Scene: Produktions- und Interaktionsmuster im avancierten Musiktheater der Gegenwart
Das Projekt untersucht Produktionsmuster, Rollenbilder und Interaktionsmechanismen im avancierten Musiktheater der Gegenwart. Ausgangspunkt ist die These, dass sich die Arbeitsabläufe in diesem Feld derzeit in einem grundsätzlichen Wandel befinden: Kollektive Autorschaft und experimentelle Stückentwicklungen auf der Probe ersetzen zunehmend Textorientierung, traditionelles Spezialistentum und konventionalisierte Arbeitsteilung. Damit schwindet auch die Bedeutung des integralen, monologisch verfassten „Werks“. Der Komplexitätsanspruch des avancierten Musiktheaters verlagert sich stattdessen auf dezentrierte, netzwerkartige Interaktionen.
Eine Erforschung dieser neuen Kreationsmodi bedingt einen methodischen „shift“: Der Fokus in diesem Projekt liegt dementsprechend auf der Prozessbeobachtung und weniger auf der herkömmliche Text-/Partitur-Analyse. Die teilnehmende Beobachtung ausgewählter Produktionen und ihrer institutionellen Rahmenbedingungen verfolgt das Ziel, den Laboratoriumscharakter des aktuellen musikszenischen Schaffens zu umreissen. Die aus diesen empirischen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse werden mit Methoden der „art practice as research“ überprüft: Experimentelle künstlerische Versuchsanordnungen in einem eigenen akademischen „Musiktheaterlabor“ fokussieren hervorstechende Produktionsmerkmale der gegenwärtigen Praxis und beleuchten deren Einfluss auf das künstlerische Resultat.
Leo Dick, geboren 1976 in Basel, ist Komponist und Regisseur. Er studierte bei Friedrich Goldmann (UdK Berlin) und Georges Aperghis (Hochschule der Künste Bern). Derzeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsschwerpunkt Interpretation an der Hochschule der Künste Bern.