Didem Pekün

Nova Kasaba, Bosnia und Herzegovina am 13. Juli 95
Quelle: CIA Satellite

Disturbed Earth

Disturbed Earth nannten die Beobachter des US Sicherheits-Councils die auf Luftaufnah-men sichtbaren Erdbewegungen, die auf die Massengräber von Srebrenica hinwiesen. Der Völkermord hätte verhindert werden können; die UN Streitkräfte waren informiert, aber sie schritten nicht ein, da sie im Hin und Her bürokratischer Prozeduren gefangen waren. So wurden Flüchtlige, die im UN Basislager Zuflucht gesucht hatten, übergeben und in den sicheren Tod geschickt.

Aufbauend auf dem intensiven Studium geschichtlicher Dokumente, wird das Projekt Disturbed Earth die Bedingungen des Desasters rekonstruieren und mittels einer Montage von Bildern und Texten, sowie einer choreographierten Rekonstruktion des besagten bürokratischen Tanzes,in einer mehrkanaligen Video-Installation darstellen. Institutionelle Inkompetenz bloß gestellt: die Tragödie der Bürokratie lastet als Fluch auf der Geschichte. Das Projekt lenkt den Blick auf den monströsen Widerspruch im Herzen der UN: Gegründet, um kraft neuer Gesetze den Frieden zu sichern, versagte sie beim Versuch, für Gerechtigkeit zu sorgen, weil das langsame Mahlen der Mühlen der Gesetze ein Einschreiten im Moment der Not verbaten. Das Projekt fragt: Welche Infrastruktur wäre in der Lage, Ereignisse davon abzuhalten, sich über den Punkt hinweg zu beschleunigen, wo Gewalt die Fakten bereits geschaffen hat und der Aussenwelt nichts bleibt, als im Rückblick ihre Mitschuld einzugestehen?

Didem Pekün verbindet künstlerische Praxis mit Forschung. Ihre Essay-Filme ergründen, wie Gewalt und Vertreibung Leben prägen und zerstören. Ihre Dokumentarfilme und Videoinstallationen wurden international gezeigt und vielfach ausgezeichnet. Sie ist Gründungsmitglied des Center for Spatial Justice (MAD). Sie erhielt ihren B.A. in Musik von SOAS, ihren M.A. in Dokumentar-film und praxisorientierten Doktortitel in Visual Cultures von Goldsmiths.

www.didempekun.com