Irina Raskin

Medienökologien des Sinnens oder wenn Maschinen lernen sich zu erinnern (Arbeitstitel)

„Ich kürze ab: werden eure Vorstellungs-, Denk-Maschinen auch leiden? Was kann für sie, die doch nur aus Gedächtnis bestehen, die Zukunft sein?“ (Lyotard 2014: 31)

Basierend auf der These, dass die gegenwärtige Epoche durch eine Kybernetisierung des Erlebens und eine environmental wirkende Macht gekennzeichnet ist, zielt die Dissertation auf eine onto-epistemologische Untersuchung dessen, wie Wahrnehmen, Empfinden, Denken und Erinnern im Kontext von automatisierten Datenverarbeitungsprozessen gefasst werden.

Multi-sensorische, automatisierte, vernetzte Datenerfassungs- und Verarbeitungsprozesse haben einerseits eine immense Zunahme an Vervielfältigungs- und Manipulationsformen von audio-visuellen Artefakten bewirkt. Andererseits begünstigen sie neuartige sinnstiftende Möglichkeiten, indem sie die raum-zeitlichen und relationalen Konfigurationen abgrenzbarer Gefüge verändern – d.h. die Arten und Weisen wie sich geteilte Wirklichkeiten konstituieren, modifizieren. Wenn diese Form von Medientechnik das senso-motorische Empfindungsvermögen erweitert hat, indem sie die Ebene des Virtuellen im Ereignis von Aufzeichnung, Speicherung und Übertragung von Information stark macht, welche Folgen hat das für die Konzeption von Gedächtnis? Und wie wirkt sich das wiederrum auf die Entwicklung lernfähiger Software aus?

In dem interdisziplinären Forschungsvorhaben soll folgende, durch Interesse geleitete Verknüpfung Orientierung bieten: Mittels künstlerischer Arbeiten oder Produktionen, die sich in den Grenzebereichen zur Kunst bewegen, wird aktuellen Tendenzen von automatisierten Datenverarbeitungsprozessen nachgegangen. Insbesondere wird dabei nach dem Vermögen von Unbestimmtheit gefragt. Wie oder als was tritt in diesen Kontexten Unbestimmtheit in Erscheinung? Inwiefern agiert Unbestimmtheit als eine Un/Möglichkeitsbedingung für die Transformation von „bedeutungslosen“ Daten in spezifische Information? Wie bildet sich kognitives und affektives Wissen im Zeitalter medientechnologischer Umweltbedingungen?

Methodisch wird versucht künstlerische und theoretische Artefakte als differenzielle, aber gleichwertige Artikulationen zu behandeln und Rückschlüsse aus der Betrachtung ihrer Interdependenzen zu ziehen.

 

Lyotard, Jean-François: „Ob man ohne Körper denken kann“, in: Das Inhumane. Plaudereien über die Zeit“, hg. von Peter Engelmann, Wien 2014.

Vita

Studium der Medien- und Kulturwissenschaft (BA) und Medienkulturanalyse (MA) an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Im Anschluss an ihre Tätigkeit als Autorin und Redakteurin für Hörfunk- und Onlinejournalismus absolvierte Irina Raskin ein wissenschaftliches Volontariat an der Kunsthalle Düsseldorf. Zwischen 2015 und 2017 wirkte sie als Kuratorin, kuratorische Assistentin, Kunstvermittlerin und Autorin freischaffend an diversen Ausstellungs- und Publikationsprojekten mit und arbeitete dabei unter anderem zusammen mit den Kunstmuseen Krefeld und dem Museum Abteilberg Mönchengladbach.

Publikationen

Publikationen 

Rezension zu „Thomas Patrick Pringle, Gertrud Koch, Bernard Stiegler: Machine. \\\\ Martin Burckhardt: Philosophie der Maschine“ (mit Julia Preisker), [rezens.Tfm] 2019/2, 2019 [https://rezenstfm.univie.ac.at/index.php/tfm/article/view/2777].

„Machine Learning and Technoecological Conditions of Sensing“, in: A Peer-Reviewed Journal About Machine Feeling 8/1, hg. von Christian Andersen, Geoff Cox, 2019 [https://aprja.net/issue/view/8133].

 

Vor der Zeit im Graduiertenkolleg

„Longing and Belonging. Die Zugezogenen im Haus Lange“ (mit Magdalena Holzhey), in: Elmgreen & Dragset. Die Zugezogenen, hg. von Magdalena Holzhey, Köln: Verlag der Buchhandlung Walther König, 2017.

Diverse Kurztexte und Mitarbeit an Werkverzeichnis, in Ludger Gerdes. Von Angst bis Wollen, hg. von Sylvia Martin, Anette Hüsch, Wien: Verlag für moderne Kunst, 2016.

„Breakthrough“, in: Show & Tell. Bild und Erzählung in Moderne und Gegenwart. Grafik aus den Kunstmuseen Krefeld, hg. von Magdalena Holzhey, Köln: Wieland Verlag, 2015.    

„Virtual Vitality“, in: Ian Cheng. Live Simulations, hg. von Elodie Evers, Irina Raskin, Gregor Jansen, Kunsthalle Düsseldorf, Leipzig: Spector Books, 2015.

 

Vorträge

„Generatives Sinnen im Kontext Maschinellen Lernens“, Panel „Zwischen Medialität und Materialität – künstlerische Verfahren und ihre Dispositive“Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft Medien – Materialitäten, Universität zu Köln, 27.09.2019.

„Wie Algorithmen Distinktionen mitschneiden“, Interdisziplinäre Doktorand*innen-Tagung DIS(S)-CONNECT Wie Medien uns trennen und verbinden, Institut für Film,-Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft (FTMK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 27.04.2019.

„Maschinisches Gefüge Denken“, Workshop der Arbeitsgruppe Medienphilosophie Zur Kritik algorithmischer Rationalität, Zürcher Hochschule der Künste, 02.05.2019.

„Media-Ecologies of Un/Making Sense“, Workshop und Panel Machine Feeling, transmediale und Aarhus University in Kooperation mit Cambridge University, 14.01.2019 und 01.02.2019.

„Speicherlecks“, Institut für Betrachtung, a-Musik, Köln, 04.08.2018.

„wanna cry. Ein Vortrag über Gedächtnis- und Affektkontrolle“, Speicher, Düsseldorf, 17.06.2017.

„Eine kleine Einführung in REWORK: Ausstellung“, Ausstellungseröffnung von Billinger & Schulz, Forum Freies Theater, Düsseldorf, 07.10.2016.

Oaklandazulasylum: Auf Sinnsuche mit WHY?“, Tagung des Forschungsprojekts „Resonanzräume“, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Salon des Amateurs, Düsseldorf, 29.06.2012.