Anastasia Dittmann
Promotionssprojekt
Der photographische Akt von 1860 bis 1900 im Kontinuum und Bedeutungswandel von Antikenrezeption und künstlerischer Reflexivität – vom tableau vivant zur étude d’après nature
Auf der Basis des Mediums Photographie werden ästhetische, theoretische und pädagogisch-praxisorientierte Grundlagen zur Etablierung der Académies als étude d’après nature untersucht. Neben der Frage nach der Verwendung und Herstellungspraxis photographischer Aktstudien im Hintergrund historischer Hilfsmittel und Musterbücher zur Anatomie und Proportionslehre seit dem 17. Jahrhundert wird der Vorbild(er)charakter der Académies für die Bildenden Künste kritisch betrachtet. Den zu Studienzwecken angefertigten Académies wohnt ein besonderes Zusammentreffen von Tradition und Moderne inne, welches die Problematik von Idealdarstellung versus Natürlichkeit aufs Neue thematisiert. Bedingt durch die körperliche Präsenz und künstlerische Inszenierung der Modelle im Atelier müssen die Académies aber auch als eine Sonderform des tableau vivant – sowohl als Kunstproblem als auch Kunstaufgabe – problematisiert werden. Unter Rücksichtnahme auf die historischen Bedingtheiten und Entwicklungen des künstlerisches Aktes sollen Generierungs- und Transferprozesse künstlerischen Wissens durch Fall-, Vergleichs- und Überblicksanalysen der Mappenwerke von Gaudenzio Marconi, Louis Igout und Hermann Heid aufgezeigt werden. Nicht zuletzt markieren Académies medial und konzeptuell einen Paradigmenwechsel innerhalb des Verständnisses künstlerischer Reflexivität: als neuartiges Wissens -und Lehrformat bilden diese Transformationsprozesse ab, die auf das praktische Wissen der Künste späterer Generationen verweisen.
Vita
Geboren in Kassel. Magisterstudium der Kunstgeschichte, Italianistik und Anglistik an der Philipps-Universität Marburg. 2009 bis 2011 Lehrtätigkeiten am Marburger Institut für Kunstgeschichte. Seit 2007 Mitarbeit bei verschiedenen Datenbankprojekten am Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg, u.a. Aufbau einer virtuellen Diathek zu Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart und Erschließung des Nachlasses von Reinhart Koselleck.
Publikationen
„Fotografien als Illustration von Kunstbüchern“, in: Strunck, Christina (Hg.): Geschichte der Buchkunst. Vom Pergament zum E-Book, Petersberg: Imhof, 2013, S. 100–105.
„In der Pose wird der Körper zum Artefakt. Das kanonische Wissen um die Vollkommenheit des Doryphoros“, in: wissenderkuenste.de, Onlinepublikation des Graduiertenkollegs „Das Wissen der Künste“, Nr. 1 „Wissensformationen und -praktiken“, Oktober 2013, URL: http://wissenderkuenste.de/#/text/in-der-pose-wird-der-koerper-zum-artefakt-das-kanonische-wissen-um-die-vollkommenheit-des-doryphoros/.
„Vom tableau vivant zur étude d’après nature. Wandlungen der Raumbetrachtung im fotografischen Akt des 19. Jahrhunderts“, in: Scheuer, Franziska Maria (Hg.): Neue Körper – Neue Räume, Marburg: Schüren, 2012 (=Augen-Blick. Konstanzer Hefte zur Medienwissenschaft, H. 53), S. 86–95.
„Apollinische ‚borrowed attitudes‘ – von der ‚central form‘ zur ‚association of ideas‘“, in: Lehmann, Doris H. / Petri , Grischka (Hg.): Eklektizismus und eklektische Verfahren in der Kunst, Hildesheim u.a.: Olms, 2012, S. 81–99.
„Lebende Bilder in der Fotografie“, in: Transformation in den Künsten. Grenzen und Entgrenzung in bildender Kunst, Film, Theater und Musik, hrsg. von Ruth Reiche (u.a.), Bielefeld: transcript Verlag 2011, S. 215-228.