Andere Verhältnisse. Wie können wir etwas voneinander lernen, das es noch nicht gibt?

Nora Sternfeld

Freitag, 6.7.2018
15 Uhr

In deutscher Sprache
Moderation: Grit Köppen

»Give her the tools, she will know what to do with them!« ist ein Appell der feministischen Londoner Femme-Punk-Band Charismatic Megafauna. Im ersten Moment klingt es so, als widerspräche der Song Audre Lordes berühmten Satz: »The master’s tools will never dismantle the master’s house.« Aber diese machte damit eigentlich darauf aufmerksam, dass Allianzen mit den zum Schweigen gebrachten und marginalisierten Positionen notwendig sind, um über die bestehenden gewaltvollen Machtverhältnisse hinwegzukommen.

Bini Adamczak, Philosophin und queere Kommunismustheoretikerin, fragt, was wäre, wenn wir uns die andere Gesellschaft, die wir erkämpfen wollen, bereits jetzt vorstellen könnten und rückt dabei die Beziehungen in die Mitte der Aufmerksamkeit. Sie schlägt vor, dass »wir« uns nicht mehr über Identitäten definieren, sondern über Beziehungen, und dass diese wiederum im Hinblick auf eine andere Welt schon jetzt freier, gleicher und solidarischer werden.

Gibt es hier und jetzt also bereits Werkzeuge aus einer anderen Welt? Können wir etwas voneinander lernen, das es noch nicht gibt? Einerseits klingt es paradox, und andererseits ist doch genau das eigentlich die Idee radikaler Vermittlung: Die Verhältnisse verstehen lernen, um sie zu verändern, sie also so verstehen lernen, wie sie vielleicht erst in einer anderen Welt und in anderen Verhältnissen verstanden werden könnten.

 

Nora Sternfeld ist Kunstvermittlerin und Kuratorin. Seit Januar 2018 ist sie Professorin für Kunstwissenschaften/documenta an der Kunsthochschule Kassel. Von 2012 bis 2018 war sie Professorin für Curating and Mediating Art an der Aalto University in Helsinki. Darüber hinaus ist sie Co-Leiterin des ecm-Masterlehrgangs für Ausstellungstheorie und -praxis an der Universität für angewandte Kunst Wien, im Kernteam von schnittpunkt, ausstellungstheorie & praxis sowie Mitbegründerin und Teilhaberin von Büro trafo.K, Büro für Bildung, Kunst und kritische Wissensproduktion (Wien). Seit 2011 ist sie zudem Teil von freethought, Plattform für Forschung, Bildung und Produktion (London). In diesem Zusammenhang war sie eine der künstlerischen Leiter_innen der Bergen Assembly 2016. Sie lehrte an internationalen Universitäten und publiziert zu zeitgenössischer Kunst, Ausstellungen, Bildungstheorie, Geschichtspolitik und Antirassismus.