Christian Lindemann, „Kulturen des Vertrauens“, Plakat für das Internationale Literaturfestival Berlin, 2014
Vertrauen ist die Grundlage allen menschlichen Zusammenlebens. Vertrauen in die Mitmenschen, die Institutionen. Vertrauen ist notwendig, um der Komplexität der Existenz gegenüberzutreten. Im Deutschen sprechen wir davon, dass Vertrauen „wächst“ und „genährt“ werden muss; benutzen somit Ausdrücke, die an das Aufziehen von Kindern erinnern, an etwas, das zwischen zwei Menschen entsteht. Doch auch die Erfahrungen, die ein Kind mit seinen Eltern macht sind Grundlagen seines Ur-Vertrauens oder Ur-Misstrauens gegenüber der Welt. Vertrauen ist eine Einstellungsfrage: Haben wir ein Grundvertrauen, das sich z. B. darin ausdrückt, dass wir das Wesen des Menschen grundsätzlich als „gut“ ansehen? Vertrauen bedeutet auch, die eigene Verwundbarkeit zu steigern, da wir einer anderen Person Einfluss auf unser Schicksal geben. Um zum Vertrauen bereit zu sein, bedarf es des Selbstvertrauens; einer Selbstsicherheit, die dazu befähigt, etwaigen Vertrauensbrüchen mit Fassung entgegenzusehen. Vertrauen öffnet einen Bereich anthropologischer Grundfragen: Was lässt uns bei der ersten Begegnung mit einer fremden Person Sympathie, Antipathie, Vertrauen ihr gegenüber empfinden? Wie begegnen wir Unbekannten, Fremden? Wie nehmen wir sie wahr? […]
Text: Thomas Böhm, Schriftsteller, damals Leiter des Festivals.
Christian Lindemann ist Absolvent der Klasse von Henning Wagenbreth, Professor für Illustration. Text und Bild sind entnommen aus dem gerade erschienenen Band mit studentischen Arbeiten aus 25 Jahren: „Bilder schreiben, Wörter zeichnen“, 512 S., Hammer Verlag