Valentina Berthelon, „The Extension of Expansion“, 2025
Was wäre, wenn Objekte oder Körper, die wir wahrnehmen, keine
festen Begrenzungen hätten? Inspiriert von der Quantenphysik, von
Sterndaten sowie von spirituellen indigenen und fernöstlichen Traditionen
zeigt die Installation, wie sich das Selbst in ein Netzwerk subatomarer
Partikel auflöst und lädt dazu ein, den Platz des Menschen
im Universum neu zu denken. Im Mittelpunkt der Arbeit steht das
Konzept der Komplementarität, ein Prinzip aus der Quantenphysik,
das besagt, dass der Mensch gleichzeitig als physisches Wesen und als
Energiefeld existiert. Jeder Mensch besteht also aus denselben Partikeln
wie auch alles, was ihn umgibt. Einstein schlug vor, die Welt als
ein Ganzes zu sehen, als ein riesiges Energiefeld. Die Quantenphysik
geht noch weiter und zeigt, dass wir als Beobachter nicht von dem getrennt
sind, was wir beobachten. Das stellt die Vorstellung einer festen
Realität infrage und eröffnet einen neuen Freiraum.
Stellarspektrogramme sind für mich zu einer kraftvollen Metapher
für die Erforschung von Konzepten wie Einheit, Fragmentierung und
Komplementarität geworden. Um Stellarspektrogramme zu verstehen,
sollten wir uns zunächst das elektromagnetische Spektrum ansehen
– den gesamten Bereich des sichtbaren und des unsichtbaren
Lichtes: Radiowellen, Mikrowellen, Infrarot, Ultraviolett, Röntgenstrahlen,
Gammastrahlen. Jede Lichtart hat eine andere Wellenlänge
und ein anderes Energieniveau, aber sie alle bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit.
Die Spektroskopie, die Untersuchung der Wechselwirkung
zwischen Materie und Licht, ist ein wichtiges Instrument in
der Astronomie und ermöglicht, Eigenschaften von Himmelskörpern
aufzudecken, ihre Größe, Zusammensetzung, Temperatur, Entfernung
von der Erde.
So wie ein Prisma die verborgenen Farben des weißen Lichtes enthüllt,
verändern Teilchen unser Verständnis von Materie und zeigen, dass
feste Objekte nicht wirklich fest sind. Das Prisma ist ein wörtliches und
ein metaphorisches Tor, es verwandelt scheinbar Einzigartiges in etwas
Vielfältiges. In Zusammenarbeit mit dem Astronomen Dr. Antonio
S. Hales habe ich Daten von sieben Sterntypen (O, B, A, F, G, K, M) in
verschiedene visuelle und auditive Formen übersetzt. Mit diesen stellaren
Fingerabdrücke webt die Arbeit eine Geschichte von Zyklen
und
Energie. Die Software Touchdesigner hat es mir ermöglicht, Daten,
Video,
Sound und Bilder in dynamische 3D-Umgebungen zu integrieren,
wobei ich Partikelsysteme und Punktwolken verwende.
Sonifizierende Stellarspektren: Als Teil der Installation habe ich zusammen
mit dem Klangkünstler Bruno Gola und Prof. Alberto de Campo
ein SuperCollider-Patch entwickelt, um die Spektraldaten der sieben
Sterntypen zu vertonen. Durch die Kartierung ihrer Spektrallinien erzeugten
wir rhythmische Variationen, die die Eigenschaften jedes
Sterntyps in Klang übersetzten. In der Ausstellung kann man mit diesem
Patch interagieren und bis zu drei Sterntypen mischen, um eine eigene
Klanglandschaft zu erschaffen. Einige der Klänge sind zu hören:
soundcloud.com/theextensionofexpansion
Valentina Berthelon ist Meisterschülerin von Alberto de Campo,
Professor für Generative Kunst, und Nina Fischer, Professorin für
Experimentelle Filmgestaltung am Institut für zeitbasierte Medien.
www.valentinaberthelon.com