Verschollen geglaubtes Humperdinck-Manuskript wiederentdeckt
Zum 165. Geburtstag des Komponisten Engelbert Humperdinck (1854-1921) gelang ein Sensationsfund. Bei der Katalogisierung durch das an der Bayerischen Staatsbibliothek angesiedelte Akademieprojekt „Repertoire Internationale des Sources Musicales (RISM)“ wurde ein Autograph von Engelbert Humperdinck aus dem Bestand der Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin wiederentdeckt: die bisher nur in Bruchstücken bekannte Dramatische Kantate für drei Solostimmen und Orchester „Die Fischerin“ nach einem Text von Johann Wolfgang von Goethe.
Der vor allem durch seine Märchenopern „Hänsel und Gretel“ und „Die Königskinder“ bekannte Humperdinck übernahm 1901 eine Professur für Kompositionslehre am Stern’schen Konservatorium in Berlin und eine Meisterklasse an der Akademie der Künste Berlin. 1910 wird er Abteilungsleiter der Hochschule für Musik Berlin. 1919/20 verabschiedet die Musikhochschule Berlin Engelbert Humperdinck in den Ruhestand.
Die Kantate „Die Fischerin“ komponierte Humperdinck zwanzig Jahre vor seiner Berliner Zeit, im Jahr 1880.
Gottfried Heinz-Kronberger von der Bayerischen Staatsbibliothek München gelang die Identifizierung des bislang in der Bibliothek der Universität der Künste Berlin als anonym eingeordneten Werkes als Autograph. Humperdinck fertigte die Reinschrift der Partitur offenbar im Zeitraum vom 14.12.1880 bis 1.1.1881 an, um sie dann für den Berliner Meyerbeer-Preis einzureichen. Seine Bewerbung war erfolgreich. Es ist anzunehmen, dass der Komponist auf dem Titelblatt nicht namentlich erwähnt wurde, weil es sich um ein Wettbewerbsstück handelte. Im Werkverzeichnis von Hans-Josef Irmen (2005) finden sich zahlreiche Hinweise auf Briefe des Komponisten aus Xanten, wo die Kantate entstand.
Das Autograph ist 33 x 25,8 cm groß (Höhe x Breite). Es umfasst insgesamt 68 Seiten, wovon die ersten 66 beschrieben sind.
Der Titel lautet:
Die Fischerin. | Dramatische Cantate | für Soli und Orchester. | Personen: | Martin, ein junger Fischer. Tenor | Lisa, seine Braut. Mezzo-Sopran | Susanne, die Schenkin. Hoher Sopran.
Die nun aufgefundene vollständige Fassung der Kantate erlaubt einmal mehr, das Schaffen Humperdincks zu analysieren und auch die Vertonung eines weiteren Goetheschen Werkes kennenzulernen.
Das Katalogisat kann mit seinen Musikincipits im RISM-OPAC opac.rism.info unter der ID 1001053670 eingesehen werden.
RISM ist ein länderübergreifendes, gemeinnütziges Langzeitprojekt, das in Deutschland von der Union der Akademien der Wissenschaften unter Federführung der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur mit dem Ziel gefördert wird, die weltweit überlieferten Quellen zur Musik umfassend zu dokumentieren. Die 1952 in Paris gegründete Organisation ist das größte und einzige global operierende Unternehmen zur Dokumentation schriftlicher musikalischer Quellen. RISM weist nach, was vorhanden ist und wo es aufbewahrt wird. Durch die Katalogisierung in einer umfassenden Online-Datenbank werden die musikalischen Überlieferungen einerseits geschützt und andererseits der Musikwissenschaft und ausführenden Musiker*innen zugänglich gemacht.
Auf Initiative von Dr. Roland Pfeiffer, Fachreferent für Musik an der Bibliothek der Universität der Künste Berlin, kooperiert die UdK-Bibliothek bei der Erschließung des wertvollen hiesigen Musikhandschriften-Bestandes mit RISM, wobei beiden Seiten eine aktive Rolle bei der Zusammentragung des verfügbaren Know-how zukommt.
Siehe auch: de.rism.info/de/home/newsdetails/article/44/newly-discovered-autograph-of-the-cantata-die-fischerin-by-engelbert-humperdinck-1.html (Meldung auf der RISM-Homepage).
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