Brief des Präsidiums an alle Hochschulmitglieder
07.11.2023
Liebe Hochschulmitglieder,
aufgrund der aktuellen Geschehnisse in Israel und Palästina ist es uns ein Anliegen, Ihnen unsere Haltung als Präsidium zu erläutern.
Wenige Tage nach dem brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel haben wir mit einem Statement unserer Trauer über die unschuldigen israelischen Opfer und unserer Solidarität mit jenen in Israel Ausdruck verliehen, mit denen uns eine langjährige Partnerschaft verbindet. Wir verabscheuen dieses terroristische Handeln zutiefst und lehnen jede Form von Antisemitismus ab. Unsere Partneruniversitäten Bezalel Academy of Arts & Design, The Jerusalem Academy of Music and Dance, The Buchman-Mehta School of Music der Tel Aviv University und Shenkar College of Engineering and Design haben dafür ihrer Dankbarkeit Ausdruck verliehen.
Unser Statement auf der UdK-Website war ergänzt durch die Flagge Israels, ein Punkt, den einige Hochschulmitglieder kritisch sehen und der hier erläutert werden soll: Diese Flagge steht für den Staat Israel. Sie ist ein Symbol der Staatsgründung im Jahre 1948. Die Ideologie der Hamas richtet sich gegen das Existenzrecht Israels. Der Gebrauch der Flagge ist somit ein eindeutiges Bekenntnis unsererseits zum Existenzrecht des Staates Israel.
Unser Statement hat einen klaren Anlass, es ist der verachtenswerte Angriff auf die Zivilbevölkerung am 7. Oktober 2023. Die ganz konkrete Situation des Terroranschlags erforderte einen Moment des Innehaltens.
Wir alle verfolgen die aktuellen Kriegshandlungen und nehmen die entstandene humanitäre Krise wahr. Wir sehen, dass viele Unschuldige zu Opfern werden und enormes Leid entsteht. Als Menschen empfinden wir tiefes Mitgefühl für all diejenigen, die in diesem Krieg unsagbares Leid erdulden müssen und deren Zukunft ungewiss ist.
Uns erreichen viele sorgenvolle Briefe und Anrufe von jüdischen Studierenden, die durch einen massiven Zuwachs von sichtbarem und spürbarem Antisemitismus in Angst sind. Dieser tief sitzenden Angst begegnen wir mit einer klaren Haltung. Wir sehen es als unsere historische und menschliche Verantwortung, diesem Antisemitismus Einhalt zu bieten. Aus diesem Grunde haben wir im Verbund mit den Berliner Hochschulen ein Statement gegen Antisemitismus formuliert, das in dieser Woche, in der wir der Novemberpogrome 1938 gedenken, veröffentlicht wurde.
Ebenso erreichen uns Mitteilungen von Studierenden mit muslimischem oder palästinensischem Bezug, die ihrer persönlichen Betroffenheit oder Angst vor Diskriminierung Ausdruck verleihen. Das Präsidium positioniert sich klar gegen jede Form von Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft, rassistischen und antisemitischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, des Geschlechts, der sexuellen und geschlechtlichen Identität und des sozialen Status.
Deshalb ist es wichtig, dass alle Fälle von Diskriminierung umgehend gemeldet werden. Die Anlaufstelle bei Diskriminierung und Gewalt (against-discrimination) und die Beauftragte für Diversität und Antidiskriminierung Alejandra Nieves Camacho ( @udk-berlin.dediversitaetsbeauftragte) stehen Ihnen für eine Kontaktaufnahme zur Verfügung. Sie sind – wenn gewünscht – durch Anonymität geschützt. Ebenso planen wir spezifische Angebote zur psychologischen Beratung. @udk-berlin.de
Die freie Meinungsäußerung ist ein durch die Verfassung für alle gesichertes Gut, doch steht Meinungsfreiheit nicht allein, sondern in Bezug zur Freiheit und Würde der anderen. Das Recht ist in vielfältiger Weise auslebbar, die Bewahrung des universitären Friedens sollte jedoch bei allen Handlungen im Zentrum stehen. Gerahmt wird das Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Gesetze des Bundes und des Landes, denen wir als Institution folgen. So bringen wir die Verwendung verbotener Symbolik und Sachbeschädigung zur Anzeige. Wir lehnen jede Akzeptanz für die Terrorgruppe Hamas oder anderer Terrororganisationen strikt ab.
Als Präsidium obliegt uns, eine Abwägung zu treffen, ob durch Akte des verfassungsrechtlich garantierten Rechtes auf freie Meinungsäußerung die Freiheit und Würde anderer gefährdet werden und der universitäre Frieden in Gefahr gerät. Sollte hier eine Bedrohung entstehen, werden wir fallbezogen dieser Gefährdung vorbeugen, um einen Schutz aller Hochschulmitglieder zu gewährleisten.
Als Präsidium ist es unsere Aufgabe, für ein gedeihliches Zusammenwirken der Hochschulmitglieder zu sorgen, so sagt es das Berliner Hochschulgesetz. Damit dies gelingt, ist der universitäre Frieden ein essentieller Faktor. Dieser Frieden basiert auf Respekt vor der Meinung anderer, auf selbstständigem Denken und einer Kultur der kritischen Selbstreflexion darüber, was das eigene Handeln im Gegenüber auslöst.
Das Ausüben Ihrer Meinungsfreiheit auf dem Boden der Gesetze kann in keinem Fall zu einer Exmatrikulation führen, davor schützt das Berliner Hochschulgesetz. Selbstverständlich gibt es auch keine Kommunikation über einzelne Studierende zwischen der Hochschulleitung und weiteren Behörden, insbesondere zu Fragen des Aufenthaltsrechts. Diese Sorgen waren uns vereinzelt zugetragen worden und wir möchten ihnen hiermit entschieden widersprechen.
Liebe Mitglieder der Universität der Künste, der aktuelle Konflikt verursacht tiefe Verletzungen. Doch zeigen die Beiträge einzelner Künstler*innen, dass auch ein Weg beschritten werden kann, der ein Forum für einen zukünftigen respektvollen Dialog errichten kann. Diesen Weg sollten wir, sobald es geht, einschlagen.
Dieser Brief steht im Zeichen der Bewahrung inneruniversitären Friedens, den wir nur zusammen erreichen können. Ich vertraue auf Sie als Mitglieder dieser wunderbaren Institution, dass Sie durch Ihr individuelles Handeln zu diesem Frieden beitragen.
Das Präsidium der Universität der Künste Berlin