Offener Brief des Präsidenten der Universität der Künste Berlin

Sehr geehrter Regierender Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Staatssekretär,
sehr geehrte Mitglieder des Abgeordnetenhauses,

für eine Stadt wie Berlin ist die Entwicklung einer guten Wissenschaftslandschaft von elementarer Bedeutung, stellt sie doch ein Potential dar, von dem aus produktive kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungsprozesse ausgehen. Sie beruht auf einer konstruktiven inhaltlichen Zusammenarbeit zwischen den politischen und akademischen Akteuren und ihren Institutionen. Dieser Zusammenarbeit wird über das Berliner Hochschulgesetz eine rechtliche Form gegeben, welche sich gerade in einem Überarbeitungsprozess befindet.

Der nun zur Abstimmung vorliegende Entwurf ist in großen Teilen sinnvoll und liefert dringend nötige Veränderungen, doch sind wir konsterniert über einzelne Paragrafen des Gesetzentwurfes, welche einerseits die akademischen Entwicklungsfelder der größten Kunstuniversität Europas schmerzhaft beschneiden und andererseits durch ökonomische Verpflichtungen Hürden für die Aufrechterhaltung wichtiger Studiengänge errichten und damit große Nachteile für unsere Studierenden nach sich ziehen. Diese Einschränkungen halten wir für unbedingt verzichtbar und möchten durch diesen offenen Brief um ihre Anpassung ersuchen.

Ersterer betrifft den Ausschluss des künstlerisch-wissenschaftlichen Promotionsrechts an der UdK Berlin. Die Regelung stellt einen Eingriff in die akademischen Belange der Universität dar, welches auf Seiten des Gesetzgebers ein bedenkliches Verständnis von Hochschulautonomie offenbart.

Diese Übersteuerung verhindert ebenso Möglichkeiten zur qualitätsvollen Entwicklung innovativer Forschungsverständnisse zwischen den Künsten und Wissenschaften, die von einem modernen Wissenschaftsstandort Berlin erwartet werden. Berlin hat mit seinem Reichtum an unterschiedlichen Forschungseinrichtungen die Potentiale, in diesen wissenschaftlichen Entwicklungsbereichen Vorreiterin zu sein, und sollte diese auch nutzen. Die aktuelle Regelung stellt allerdings einen Rückzug in die Konvention dar, der im Widerspruch zur gängigen nationalen und internationalen Hochschulpraxis steht, die für künstlerische und gestalterische Forschungsvorhaben schon jetzt vielerorts den Promotionsabschluss bereithält und die vom Wissenschaftsrat empfohlen wird. Drittmittelfördermöglichkeiten für die Künste werden durch diese Einschränkung zusätzlich erschwert.

Verhindert werden aber auch Qualifizierungsmöglichkeiten für den künstlerischen Mittelbau und profilierte Absolvent*innen aus den Künsten, die im Wettstreit um zukünftige Stellen und Förderungen durch die Verhinderung einschlägiger Qualifizierungsformate benachteiligt werden.

Die Regelung zur zwingenden kostendeckenden Ausgestaltung von Weiterbildungsstudiengängen baut für künstlerische Fächer eine weitere, kaum zu überwindende Hürde auf. Studiengänge wie Musiktherapie, Sound Studies oder Kunst im Kontext wären schlichtweg nicht mehr durchführbar, denn die zu entrichtenden Gebühren wären für Künstler*innen nicht zu finanzieren. Die Studierenden kommen in der Regel auch nicht von Arbeitgeber*innen, die diese übernehmen, sondern sind oft selbständig Tätige, die für ihre Existenzsicherung eine Weiterbildung anstreben und für die die gegenwärtigen Studienbeiträge schon eine große Herausforderung und persönliche Investition darstellen.

Die Konzeption eines Studienangebots, welches sich ausschließlich an eine finanziell privilegierte Studierendenschaft richtet, widerspricht dem inklusiven Charakter der Gesetzesnovelle. Diese durch die UdK Berlin angebotenen Studiengänge müssten wohl eingestellt werden, was nicht im Sinne der Beteiligten sein kann, denn neben ihrer universitären Bedeutung wäre ihr Verlust auch für die Stadt Berlin schmerzhaft, liefern ihre so professionalisierten Absolvent*innen wichtige Impulse für das kulturelle Leben Berlins und anderer innovative Sektoren.

Die Bereitstellung einer angepassten Ausbildungsmöglichkeit stellt Künstler*innen Qualifizierungsmöglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben zur Seite, in Unabhängigkeit sozialer Unterstützungssysteme. Es ist wichtig diese Möglichkeiten durch die Gesetzgebung zu bewahren.


Wir ersuchen Sie nachdrücklich, die hier dargelegten Paragrafen des Gesetzes zur Stärkung der Berliner Wissenschaft im Sinne der UdK Berlin und ihrer Studierenden und Beschäftigten zu überdenken und anzupassen, um so Entwicklungsmöglichkeiten für die Hochschule zuzulassen und Schaden für die Künste und die Hochschulmitglieder abzuwenden.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Norbert Palz
Präsident