Von Utopien zu echter Gemeinschaft? Kollektive Wohnformen im 20. Jahrhundert.
Die Wohnung als Schutz ist eine Ausweitung des Wärmehaushaltsmechanismus unseres Körpers – eine Kollektivhaut, ein Gemeinschaftskleid.
Marshall McLuhan
Formen des Zusammenlebens gibt es viele. Manche begannen als Pilotprojekt, machten Schule und wieder andere blieben Theorie. Es galt häufig, den als Missstand empfundenen Lebens- und Wohnverhältnissen Alternativen entgegenzusetzen: ob es die Wohnverhältnisse der arbeitenden Klasse zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren oder die Wohnungsnot nach den Weltkriegen. Auch städtische Programme boten bedürftigen und ledigen Personen günstigen Wohnraum und unterbanden das Schlafgängerwesen. Es folgten Ideen der Service- und späteren Kollektivhäuser von Sven Markelius oder Wohneinheiten von Le Corbusier, deren Angebote das Leben der Bewohner erleichtern sollten, Dienstleistungen in der unmittelbaren Nähe boten und dem traditionellen Frauenbild der Hausfrau entgegenwirkten, indem sie Haushaltsdienste und Kinderbetreuung zur Verfügung stellten. Als die Kleinfamilie in den 1960er Jahren als überholt und unterdrückend galt und man sich frei machen wollte von diesen eingefahrenen sozialen Strukturen, ließ sich dies mittels Kleidungsstil, Haarlänge und durch alternative Wohnkonzepte, in denen Frauen, Männer und Kinder gleichberechtigt leben, demonstrieren. Bei all dem stellen sich auch die Fragen nach der Freiwilligkeit, den gebotenen Freiräumen, dem Verständnis von Gemeinschaft und Individuum, aber auch die nach den aufgestellten Regeln und der Unvermeidbarkeit von Zwängen.