ENTWURF MA/BA - Das Freibad der Zukunft
DAS FREIBAD DER ZUKUNFT
Reihe: „Maximal-Minimal“ II
Entwurf MA und BA 3. Studienjahr/ Sommersemester 2021- Prof. Tim Edler
Betreut wird mittwochs um 10 Uhr durch Tim Edler, Christian Schmidts (WM) und Luise von Zimmermann (Tutorin)
Webex: https://udk-berlin.webex.com/meet/t.edler
Erster Termin Mittwoch 14. April 2021 um 10:00 Uhr
Webex: https://udk-berlin.webex.com/meet/dee
Das Freibad: optimieren, schließen oder ganz anders machen?
In diesem Projekt soll das Format des Freibades und des Freibadens grundsätzlich überprüft werden. Der konkrete Betrachtungsgegenstand ist das Prinzenbad in Kreuzberg, als ein existierendes Freibad, oder eine andere Anlage im zentralen Stadtbereich.
Ein wesentlicher Ausgangspunkt sollte die Klimaverträglichkeit bzw. der erhebliche Bedarf an Heiz- und Prozessenergie und auch der sonstige Aufwand sein, der mit dem Betrieb eines konventionellen Freibads verbunden ist. Trotz dieses Aufwands – oder deshalb - ist die Nutzung solcher Bäder auf den Sommer beschränkt. Die meisten Areale stehen deshalb mehr als die Hälfte des Jahres leer. Die Anlagen mitsamt ihrer großen Grünflächen sind für die Öffentlichkeit dann nutzlos und unzugänglich.
Aber muss das so sein - und kann das so weiter gehen? Stimmt es heute denn überhaupt noch, trotz Neopren, dass Freibaden selbst im Sommer geheiztes Wasser braucht und dass es - deshalb - im Winter unmöglich ist. Oder, dass trotz moderner Technologien für das Freibad ein mit hohen Zäunen abgetrennter besonderer Park und für den Betrieb eine lückenlosen Bewachung nötig ist? Immerhin sehen wir doch, wie in einem gewöhnlichen Park alle möglichen sonstigen Sportarten und Freizeittätigkeiten so viel unkomplizierter und freier möglich sind und wie hier die Aktivitäten und Teilnehmer*innen ineinander und durcheinander laufen, ohne besondere Aufsicht, ohne exklusive und spezialisierte Flächen, usw ?
Die Liste der Unzulänglichkeiten und Fragen ist lang. Und auch die öffentlichen Wahrnehmung ist schwankend, ob Freibäder eher eine Belastung oder Bereicherung für die Gesellschaft, die Stadt und die Natur darstellen. Das Freibad als Konzept fasziniert und polarisierte schon vor der Verschärfung der Klimaschutzdebatte. Mit ihm werden diverse individuelle und gesellschaftliche Ideale, Sehnsüchte und Glücksmomente verknüpft und genauso steht es für viele individuelle und gesellschaftliche Ängste und Befürchtungen.
Das hat wohl damit zu tun, dass das Freibad einer der wenigen Orte ist, die einen breiten Querschnitt der Bevölkerung versammeln und wo sich die Menschen unmittelbar und im eigentlichen Sinne nackt und ungeschützt begegnen. Es ist dadurch ein Ort in dem in besonderer Weise gesellschaftliche Verhaltens-, Rollen- und Identitätskonventionen bedeutsam sind, wo sie gebildet oder hinterfragt werden können.
Das Freibad ist auch ein junges Phänomen, seine Entwicklung und Geschichte ist wechselvoll und sie ist von einer Anzahl variabler Bedürfnisse und Ideale angetrieben. Die besondere Ausformung als sozialer grün- und blauer Freizeitortes, mit großzügigen Flächen, steht für eine relativ kurze Phase im späten 20 Jahrhundert.
Das Freibad gilt heute nicht als Teil der Daseinsfürsorge und es wird vielleicht wegen seiner Mängel und seines verschwenderischen Wesens nicht mehr lange zu halten sein. Es gibt heute bereits große Städte, z.b. Brüssel, wo Freibäder völlig verschwunden sind, weil die Phantasie für die Möglichkeit oder das Bewusstsein für die Notwendigkeit nicht mehr existiert. Andererseits ist die Sehnsucht nach dem Wasser ungebrochen und auf der ganzen Welt gibt es aktuell Bemühungen, neue Natur nahe grün-blaue Infrastrukturen zu schaffen z.B. Seen und Flüsse, die lange Zeit in einem schlechten Zustand waren, zu verbessern und für Menschen als Erfahrungs- und Erholungsort zugänglich zu machen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass gerade das Schwimmen und Baden als Form eines besonders elementaren, reduzierten, intensiven und gesunden Kontaktes zur Umwelt und zur Natur einen wichtigen Impuls für die erforderliche Anpassung der Städte und des Stadtlebens liefern kann.
Dieses Projekt soll nochmal oder erneut der Suche nach einer positiven Vorstellung des städtischen Freibades gewidmet sein. Insbesondere soll versucht werden, dass in die Jahre gekommene Format mit neuer Bedeutung und mit neuen Möglichkeiten aufzuladen.
Das mindeste Ziel ist die Entwicklung von Alternativen für das Freibad, die verträglicher für das Klima sind. Aber es sollte nicht zuerst um technische Optimierungen gehen - Solarpanele statt Gasheizung usw. - sondern um eine gezielte Veränderung und auch um eine Ausweitung des Vorstellungs- und Möglichkeitsraums, der durch das Freibad als Ort, als Nutzung und als größere Idee gebildet wird.