ENTWURF MA/BA - Synthesizer
Im Zentrum der diesjährigen Entwurfsaufgabe steht die Rolle von Technologie als gestaltende und strukturierende Vermittlerin technologischer, kultureller, räumlicher, konstruktiver und künstlerischer Wissensfelder. Sie ist keinesfalls Selbstzweck, sondern operiert - auf unterschiedlichen Maßstäben – als Katalysator zwischen der entwerferischen Autorenposition einerseits und der baulichen Realisierung anderseits.
Diese eklektische Vernetzung von Technologie mit anderen Wissensgebieten soll uns auf der experimentellen Suche nach neuen architektonischen Impulsen unterstützen, auch möchten wir damit einem zu einseitigen und technikzentrierten Werkzeuggebrauch vorbeugen. Im Zentrum der entwurflichen Arbeit steht dabei die Such nach einer zeitgenössischen Übersetzung relevanter architektonischer Fragestellungen.
Wir sehen dies als wirksame Methode an, eine mehrschichtige und vernetzte Entwurfsauffassung zu entwickeln, die sich projektbezogenen verschiedener neuer und bekannter Entwurfsmedien -auf der Höhe der Zeit- bedient. Wir sind dabei an der Komplexität architektonischen Entwerfens als abwägende Praxis sich auch widersprechender Parameter interessiert. Architektur soll mehr als eine positivistische Leistungsform sein, sondern entsteht im künstlerisch-gestalterischen Zweiklang von Determination und Leerstelle gleichermaßen.
Auch sehen wir keinen Grund eine konzeptionelle Trennung zwischen digitaler und analoger Architektur zu ziehen. Architektur ist vielmehr Teil eines dynamischen Systems, konditioniert von der komplexen und sich wandelnden Verschränkung von Technologie, und Politik, Ökonomie, Soziologie, Geographie und Kultur. Jede Veränderung innerhalb des Gefüges, sei sie nun technologisch oder auch gesellschaftlich motiviert, legitimiert eine Neubetrachtung elementarer Fragen der Architektur, entbunden von Nostalgie. Entstehen können dadurch relevante typologische, formale und strukturelle Innovationen-jenseits der Vorhersehbarkeit. Max Bense beschreibt diese architektonische Einbindung wie folgt:
„Wir bewohnen keine Landschaften und Gärten, keine Häuser am sanften Hang oder auf der leichten Dünung, wir bewohnen ein Netz von sichtbaren und nicht sichtbaren Funktionen und Relationen, Strukturen und Aggregaten aus Metallen und künstlichen Gesteinen, die sie Dörfer, Städte, Staaten und Kontinente genannt haben.“ (Bense, 1949/1998)
Wir sind fest davon überzeugt, dass nur durch ein immerwährendes inhaltliches Hinterfragen gängiger digitalen Prozessstrukturen und Kategorien gestalterischer Fortschritt entstehen kann. Die Entwicklung einer entwerferischen Methodologie ist persönliche Praxis; sich der medialen Beeinflussung bewusst zu werden ist wichtig um gestalterische Moden und Jargons zu vermeiden und Klischees zu verhindern. Wir glauben, dass dieses Bewusstsein hilfreich dabei sein kann, einen autonomeren, computergestützten Entwurfsprozess zu ermöglichen, welcher sich vom technologischen Status Quo lösen und deren gestalterische Kategorien erweitern kann. Dem Studierenden ein Bewusstsein für diese Prozesse zu vermitteln, soll Ziel dieses Vertiefer-Entwurfes sein. Eine gestalterische investigative Untersuchung wird von jedem Studierenden auf theoretischer und praktischer Ebene über zu erstellende Bilder, Texte und Modelle durchgeführt werden.
Betrachten wir die Ursprünge der jüngsten technologischen Innovationen, wie z.B. Additive Fabrikation oder die Entwicklung des Touch Screens stellen wir fest, dass sie durch eine neue Montage entfernter Wissensgebiete entstanden sind. Die Vernetzung unterschiedlichen Wissens legt dabei den Grundstock für nachfolgende, eher linearere Entwicklungsprozesse und Verfeinerungen. Wir werden im Entwurfsprojekt eine ähnliche Strategie verfolgen, die die Breite möglicher Entwurfsparameter benennen und ihre Implementierung in einen computergestützten Entwurfsprozess untersuchen möchte. Dabei werden die Studierenden sich in diverse digitale und analogen Modellierungs- und Fertigungstechniken einarbeiten, um so die jeweiligen konzeptionellen, handwerklichen oder materiellen Bedingungen verstehen und neu kombinieren zu können. Nichts läge uns allerdings ferner als formal einen eklektischen Stil propagieren zu wollen, die konzeptionelle Entwicklung sozial und politisch relevanter Projektideen stehen im Zentrum dieses Austausches. Wir fühlen uns dabei der Funktionsbeschreibung von Architektur, wie sie von Fritz Haller formuliert wurde, verbunden:
„... Hingegen hat die Architektur […] einen Beitrag zur Zukunftsbewältigung zu leisten, mit all ihren Problemen wie Überbevölkerung, Hungersnöten, dem sozialen Ungleichgewicht, dem Zusammenbruch der Ökosysteme und der zunehmenden Rohstoffverknappung. Für das Berufsbild des Architekten bedeutet dies einen grundsätzlichen Umbau: vom elitären Künstler zum Forscher innerhalb der interdisziplinären Zusammenarbeit… (Visini, 1989)“
Das Seminar wird in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen künstlerischen und gestalterischen Werkstätten der UdK (Siebdruck, Hochdruck, Fotogravüre, Porzellan, Metallverarbeitung), dem 3D Labor der TU Berlin, aber auch mit der Gießerei Ihle in Dresden, Big Rep Berlin und dem großen Schreinereibetrieb Ackermann in Würzburg durchgeführt. Das erste Semester ist der Vermittlung eines ganzheitlichen technologischen und theoretischen Verständnisses dieses neuen Wissensbereiches und der damit verbundenen kunsthandwerklichen Techniken gewidmet. Eine innovative Anwendung von Computern im Entwurf erfordert Kenntnisse über die entwurfsrelevanten Eigenschaften dieser digitalen Schnittstelle.
Parallel dazu nehmen wir auch eine geschichtliche Betrachtung vor, die sich der Fragestellung nach der Motivation und Genese systematischer Planungsprozesse annähert. Es bietet sich an, dies anhand der wechselnden Bedeutung von Mathematik -und insbesondere der Geometrie- über die Epochen zu strukturieren. Eine begleitende Vorlesungsreihe wird sich diesem Thema widmen. Studierende, welche nicht an dem Vertieferprojekt teilnehmen, können über Vorlesungsbesuch und der Abgabe einer Hausarbeit ein Wahlfachschein erwerben.
Drei praktische Einzelaufgaben sind zu den Themenfeldern Text, Bild und Raum bis Anfang Januar zu lösen. Die Bearbeitungssequenz kann von den Studierenden frei bestimmt werden. Der Januar dient der Findung, Recherche und Präsentation eines eigenen architektonischen Entwurfsthemas, welches von den Studierenden in 2-3 Gruppen über das Sommersemester bearbeitet werden soll. Die öffentliche Präsentation und Diskussion der Projektvorschläge beschließt das Wintersemester.