16/10/24 Start Masterstudio WiSe 24

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Entwurf MA/BA 3. Studienjahr, WiSe 2024

Dieses Semester wollen wir uns mit dem architektonischen Entwerfen als „Weitergabe“ beschäftigen. Denkmal-“Pflege“ und Denkmal-“Genese“ zur gleichen Zeit. Geben und Nehmen. Ganz oft hintereinander. Wir übernehmen Architektur, arbeiten damit und geben sie weiter. Wir befreien uns von dem Gedanken, dass wir die ersten und einzigen sind, die etwas anpacken. Und denken daran, dass wir im nächsten Moment schon wieder loslassen müssen und weitergeben werden. Wir wollen dies mit großer Lust und gleichzeitig höchst präzise tun. Was das bedeuten könnte? Lustvoll, indem wir uns dem surrealistischen Spiel der erlesenen Leiche - cadavre exquis - hingeben: statt dem gefalteten Papier mit Füßen, angefangenen Beinen und fehlendem Bauch übernehmen wir im Studio Architektur von unseren Kommiliton*innen und führen sie weiter - ohne vollumfänglich zu wissen, was vor uns bereits alles gedacht wurde. Präzise, weil wir fast gegensätzlich zu dieser „Wissenslosigkeit“ aber auch der Geschichte von jedem Ding bis ins kleinste Detail folgen wollen und dabei an Bruno Latours Modell der „zirkulierenden Referenz“ denken: Wissen zirkuliert durch Akteure und Materialien hindurch und verändert sich dabei kontinuierlich. Wie weit können wir rückverfolgen, warum etwas so gebaut wurde, wie es ist?

All dies möchten wir beim konkreten Tun erforschen. Dazu schlagen wir folgendes vor. (1) Wir bilden sechs Gruppen á zwei bis drei Personen. (2) Wir nehmen das ehemalige Winterquartier des DDR-Staatszirkus in Dahlwitz-Hoppegarten als (Um-)Bauort und greifen uns sechs Momente aus unterschiedlichen Zeitschichten heraus - vom Türgriff bis zum Städtebau. (3) Jede Gruppe bearbeitet zwei Wochen lang einen dieser Momente und gibt ihn dann an die nächste Gruppe weiter. (4) Alle Momente sind vom Anfang bis zum Ende parallel in Bearbeitung - vom Türgriff bis zum Städtebau. Ein Türgriff erfährt also sechs Umwandlungen, ein Städtebau auch. (5) Alle zwei Wochen übergeben und übernehmen wir, sodass am Ende jede Gruppe an jedem Maßstab einmal mitgewirkt hat. (6) Am Ende sind sechs kollektiv erarbeitete Serien von baulichen Verwandlungen entstanden, wobei jeder Teilschritt die ganz persönliche Autorenschaft einzelner Personen trägt.

Ziel des Semesters ist es, das weite Feld unterschiedlichster „Weitergabe“-Strategien entwerferisch zu bearbeiten: Wollen wir das, was uns zur Bearbeitung übergeben wird, vor allem pflegen, schützen, reparieren - und dabei Weitergeben als einen bewahrenden Akt der respektvollen Sorge betrachtet? Oder wollen wir „provisorisch“ modifizieren, indem wir umhüllen, verkleiden, „improvisieren“ - wissend, dass alles auch wieder genauso wie vorher sein könnte? Oder entscheiden wir uns, tief in die uns anvertrauten Räume einzugreifen, neue Schichten hinein zu montieren, von außen anzureichern - und damit ein komplexes Neues weiterzugeben? Weitergeben ist ein Akt, der alle diese Möglichkeiten beinhaltet - wir möchten sie strukturiert erkunden.

Wir freuen uns über Studierende, die Lust am Entwerfen, praktischen Tun und gedanklicher Reflexion haben. In diesem Semester möchten wir besonders großen Wert auf die gemeinsame Arbeit im Studio legen, weshalb eine hohe Präsenz erforderlich ist. Das Semester wird fachlich unterstützt und begleitet von Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamtes Berlin.

Team: Anne Femmer, Florian Summa, Alexander Barina, Tobias Rivera Hisge
Start: Mittwoch, 16.10.2024, 11:00 - 16:00 Uhr, Raum 306