Andere Räume oder Schöne Orte? II
Die Villengärten im Rom des 16. Jhd. sind die ersten frühneuzeitlichen hetertopen Räume, die konzeptionell der ästhetischen Repräsentation sozio-kultureller und politischer Machtansprüche dienen.
Gärten sind Formen der materiellen Verräumlichung gesellschaftlicher Machtbeziehungen wie die Hervorbringungen von Architektur und Städtebau. Das ist weitgehend Konsens in den wissenschaftlichen Disziplinen, die sich in der Tradition Henri Lefebvres und Michel Foucaults mit dem Thema der Raumbildung im weitesten Sinne beschäftigen.
Bei den Gärten der Gartengeschichte handelt es sich hauptsächlich um Räume vergangener Epochen, in denen je spezifische gesellschaftliche Machtverhältnisse - unter Form der Kunst - materielle Gestalt angenommen haben. In diesem Sinne sind die Gärten der Gartengeschichte Andere Räume oder Heterotopien.
Ihre in Abgrenzung zu Nutzgärten allgemein übliche Bezeichnung als Lustgärten verweist bereits auf den Aspekt ästhetischer Repräsentation, der ihnen unübersehbar eignet, der allerdings auch ein Signifikat einschließt, bei dem es sich nicht um eine wie auch immer modifizierte Paradiesvorstellung handelt, sondern um politische und sozio-kulturelle Ansprüche ihrer Bauherrn, die in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit nur künstlerisch in einer sinnlich wahrnehmbaren Gestalt vermittelt werden können.
Die historische Rekonstruktion der Bedeutung repräsentativer Gärten fokussiert daher zum einen auf die Position des Bauherrn im Macht- und Sozialgefüge seiner Zeit, auf seine damit zusammenhängenden politischen, sozialen, kulturellen Ambitionen und auf die Strategien der Legitimation dieser seiner Ansprüche im Kontext konkurrierender Ansprüche. Zum anderen reflektiert sie die Semantik der ästhetischen Mittel, Grundriss, raumbildende Elemente, Ausstattung und ikonographisches Programm, die in ihrem räumlich-kompositionellen Zusammenhang, d.h. in ihrer materiellen Gestalt als dieser besondere Garten die Deutung der außerästhetischen Ansprüche hervorbringen und repräsentieren.
In diesem Rahmen beschäftigen wir uns mit den Villengärten der römischen Renaissance des 16.Jhds. Die Themen des ersten Teiles kontextualisieren die Gärten auf einer allgemeinen Ebene: Humanismus; Villendiskurs in Antike und Früher Neuzeit; „Re-Feudalisierung“; päpstlicher Städtebau als Überbietungsstrategie; Gegenreformation; Manierismus. Im zweiten Teil widmen wir uns der Betrachtung konkreter Gärten:
Villa d´Este, Tivoli; Villa Lante, Bagnaia; Villa Farnese, Caprarola; Sacro Bosco, Bomarzo; Villa Aldobrandini, Frascati; Villa Adriana, Tivoli.