Haus und Hof IV_Villen Landhäuser Bungalows der Moderne
Sommersemester 2018
MA-Lehrveranstaltung im Modul 5 (5 ECTS)/ Modul 4 (3 ECTS)/ BA Wahlfach im Modul 14 (3 ECTS)
Veranstaltung montags 13.30 bis 15.00 Uhr, Raum 336
Einführung am 23.04.2018 13.30 Uhr, Raum 336
Anmeldung: Aushang Raum 343
Der nach ästhetischen Kriterien geordnete Garten und die Villa als Bautypus sind historisch und systematisch gleichursprüngliche reziproke Raumformen, die sich in der römischen Antike wie in der italienischen Frühen Neuzeit je spezifischen ökonomischen, sozialen, politischen Bedingungen verdankten, die dazu führten, dass eine städtische Elite ihr Tätigkeitsfeld auch auf den ländlichen agrarwirtschaftlich bestimmten Raum verlegen musste, das bis dahin kulturell jeweils als minderwertig galt.
Den Traditionsbruch der architektonischen Moderne hat der traditionelle Typus der Villa erstaunlich gut überstanden, als Villa, Landhaus oder Bungalow:
Typologisch, als Wohnhaus, das durch eine reziproke Beziehung zu gesellschaftlich mittlerweile hochvermittelter „Natur“ definiert ist; sozio-kulturell, als Innen und Außen umfassender physisch-materieller Raum, in dem sich das Leben einer finanzkräftigen städtischen, progressiven dynamischen Elite vollzieht; architekturtheoretisch, als der Typus, an dem sich die neuen Konzepte von Raum und Zeit experimentell und weitgehend unbelastet von außerarchitektonischen außerästhetischen Zwängen räumlich materialisieren lassen.
Was sich allerdings wesentlich verändert hat, ist die auch räumlich-strukturelle Interpretation der nach wie vor typologisch konstitutiven Beziehung zwischen Villa und „Natur“.
Sie wird nicht mehr, wie in der Renaissance, verstanden als das räumlich materialisierte Abbild der universalen Einheit von Mensch und Natur nach Maßgabe allumfassender göttlicher Zahlenverhältnisse, sondern sie reflektiert die „Entzweiung“ von Mensch und Natur durch deren Verobjektivierung in den Naturwissenschaften seit dem 17. Jhd., die daraus folgende fortschreitende Beherrschung der Natur und die damit zusammenhängenden Veränderungen der Raum- und Zeitvorstellungen. Im Kontext dieser ökonomisch induzierten Entwicklungen wird die Idee der Raumzeit, des vierdimensionalen dynamischen Raumes, zur produktiven Metapher der ästhetischen Moderne am Beginn des 20. Jhds.
Für die konstitutive reziproke Beziehung zwischen Villa, Landhaus, Bungalow und Außenraum bedeutet „Raumzeit“ als räumliche Ordnungsstruktur, dass alles mit allem verbunden ist, Innen und Außen, Architektur und Natur, jedoch nicht durch die Universalität tradierter, in die physisch-materiellen Räume eingeschriebener Proportionsgesetze wie beim historischen Realtypen, sondern durch die Bewegung des als autonom verstandenen Subjektes im Raum, über den es verfügt und dem als „Natur“ es zugleich unhintergehbar entfremdet ist.
Die Spuren dieses Verlustes bzw. seiner Deutung durch den Architekten/ Bauherrn, sind, so ist zu vermuten, Villa und Außenraum wie ihrer räumlichen Beziehung eingeschrieben.
Wir beschäftigen uns mit Villen, Landhäusern Bungalows, bei denen die räumliche Ordnung von Innen und Außen entweder aus einer Hand stammen, wie bei Barragan, Neutra, Scarpa, teilweise bei Wright, unklar bei Mies, unklar bei Le Corbusier, oder aber aus zwei Händen, wie bei Scharoun und Hermann Mattern, Sep Ruf und Walter Rossow, Koolhaas und Petra Blaisse.