Macht der Schönheit _ Schönheit der Macht
Gärten, zumindest die Gärten der Gartenkunstgeschichte, sind, wie Architektur und Städtebau, räumliche Formen der ästhetischen Repräsentation gesellschaftlicher Machtbeziehungen. Genauer gesagt repräsentieren sie die gesellschaftliche Position des jeweiligen Auftraggebers in der Gemengelage dieser Beziehungen zu einer gegebenen Zeit.
Bei den Bauherrn der Villen und Gärten des 15./ 16. Jhds, mit denen wir uns beschäftigen werden, handelt es sich in Florenz und Venedig um Großkaufleute und Bankiers, in Rom um Kardinäle. Ihr gemeinsames Problem besteht darin, dass sie im Kontext der entstehenden Geldwirtschaft Unmengen Geldes und Reichtum akkumulieren, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Geldakkumulation, dass Geld aus Geld hervorgeht, verstößt allerdings gegen geltendes, für alle Gläubigen verbindliches, Kirchenrecht, das Zinsgeschäfte verbietet.
Eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der daraus entstehenden Legitimationsprobleme fällt dem von Humanisten erneuerten, den Problemen ihrer reichen Mäzene angepassten, antiken Tugendkonzept der Magnificenza zu. Als Tugend des reichen Mannes ist sie Kern einer Ethik des Geldes, die Geld und Reichtum trotz kanonischen Zinsverbotes legitimiert, wenn sie ungeachtet der Höhe der Kosten, für große Werke, vorzugsweise für Bauwerke, von „außerordentlicher Pracht und höchstmöglicher Schönheit“ ausgegeben werden – denn nur „Schönheit“ vermag „Magnificenza“ auszudrücken.
Für einen kurzen historischen Augenblick, in dem gesellschaftliche Macht und Deutungshoheit in den italienischen Stadtstaaten der frühen Neuzeit nicht mehr ganz bei Adel und Klerus als Mächten der feudalen Ständeordnung und noch nicht ganz bei Händlern und Bankiers als Mächten der frühbürgerlich-frühkapitalistischen Gesellschaftsordnung liegt, repräsentieren die entstehenden Bauwerke die „Magnificenza“ ihrer geldakkumulierenden Bauherrn, ist „Schönheit“ also Inhalt und Form zugleich der Bauwerke und ihrer „oggetti ornamentali“, zu denen auch die Gärten gehören.
Das ändert sich dann natürlich.
Obwohl die Villen und Gärten, mit denen wir uns beschäftigen werden, in diesem Augenblick und unter den Zeichen von „Magnificenza“ und „Schönheit“ entstanden sind, unterscheiden sie sich in ihrem je konkreten Erscheinungsbild beträchtlich, je nachdem ob ihre Bauherrn in Florenz, Venedig oder Rom lebten.
Wir werden uns das anschauen und fragen, worin und wieso.
Bei den Villen und Gärten handelt es sich um die Villen Medici und Castello in Florenz, die Villen Barbaro und Emo im Veneto und die Villen Lante und d´Este als römische Beispiele.
BA Modul 14, 5 ECP; MA Modul 5, 5 ECP