Wiedervorlage Megastruktur
Die Debatte um die Zeitgemäßheit der Megastrukturen, die in den 50er und 60er Jahren - neben anderen Konzepten - auf der urbanistischen Tagesordnung stand, hatte eine Reihe historischer, gesellschaftlicher und kultureller Voraussetzungen, die sich, zweifellos verkürzt, als Folgen der Transformation der nachkriegseuropäischen Industrie- in eine postindustrielle Dienstleistungs- und Konsumgesellschaft bezeichnen lassen.
Auf die allgemeinen Begriffe der Beschleunigung, Mobilität, Flexibilität und permanente Veränderung gebracht, wurden diese gesellschaftlichen Transformationsprozesse von der jungen Architektengeneration als Herausforderung ihrer Zeit diskutiert, auf die Architektur und Urbanismus eine neue, Architektur und Urbanismus der Charta von Athen kritisch überwindende, zeitgemäße Antwort zu finden aufgerufen war.
Die Protagonisten des Megastruktur-Konzeptes fokussierten die Zukunft ihrer Gegenwart als emanzipatorisch gewendeten Triumph der allgemeinen gesellschaftlichen Abstraktionsprozesse: Mobilität, Flexibilität und Veränderung wurden in ihrer Abstraktheit als wesentliche Strukturmerkmale eines zukunftsfähigen Urbanismus verstanden, der in Form von über Stadt und Land aufgeständerten modularisierten Raumtragwerken den von Arbeit weitgehend freigesetzten, als kreativ imaginierten Menschen der Zukunft die räumliche Möglichkeit für die individuelle hedonistische Aus- und Umgestaltung ihrer Wohn- und Lebenswelt bieten sollten.
Wir beschäftigen uns in unserem Seminar mit der historischen und kulturellen Rekonstruktion der Begründungszusammenhänge, aus denen die durchaus unterschiedlichen megastrukturellen Konzepte im Einzelnen entwickelt wurden, um begründet darüber reden zu können, welche Aspekte und Elemente unter welcher Form hier und heute gesellschaftlich und städtebaulich relevant sein könnten.
Denn unübersehbar ist, dass die gegenwärtigen gesellschaftlichen Transformationsprozesse im Zeichen von Globalisierung, Wissensgesellschaft und Internet durchaus vergleichbare gesellschaftlichen Probleme hervorbringen: enormes Wachstum der Städte, Wohnungsnot, Migrationsströme, Freisetzung von Arbeit, Erosion gesellschaftlicher Bindekräfte, Hedonismus, Vereinzelung der Menschen – Probleme, die heute wie seinerzeit der Logik des kapitalistischen Systems inhärent sind.
Betrachtet werden Idee und Form der Megastruktur bei Le Corbusier, Yona Friedman, Eckard Schulze-Fielitz, Constant, Kenzo Tange und Kisho Kurokawa, Cedric Price, Peter Cook, Paolo Soleri, Superstudio und Archizoom