studio raumproduktion 24/25: designing transformation - the city on the edge

Dieses Semester sind wir wieder mitten in der Stadt. Wir befinden uns an einem umstrittenen Ort, dem kürzlich umbenannten Uber-Platz, Mitte in Friedrichshain-Kreuzberg. Vor der Wende noch Güterbahnhof und Todesstreifen vor der Berliner Mauer, wurde das Areal Anfang der 2000er Jahre u.a. aufgrund der Berlin-Pleite privatisiert und innerhalb von 20 Jahren rund um das „Mercedes Benz“ - heute „Uber“ Arena komplett als Start-Up und Entertainment-Bereich bebaut. 

Die Geschichte dieses Ortes ist kontrovers und wir nehmen ihn als Beispiel, um zu untersuchen: Welche Kräfte und Mächte formen unsere Städte? Warum sieht die Stadt so aus, wie sie aussieht? Wer bestimmt und wer verhindert? 

Gibt es wirklich Orte, die „nicht-Orte“ sind? Gibt es wirklich Räume, die leer sind?(Urbaner) Raum wird immer verhandelt, erkämpft, verloren, angeeignet, enteignet, transformiert... Er ist nie statisch und nie eindeutig. 

Wir wollen dazu anregen, bestehendes Wissen neu zu denken, Räume neu zu interpretieren, einen Ort durch Beobachtung, körperliche Präsenz, performative Methoden zu erforschen und aus dem Kontext heraus viele mögliche Zukünfte zu imaginieren.


Das Semester wird in drei Phasen aufgeteilt: 


Phase 1: Re-Kartierung und Assemblage (Zusammenarbeit mit Larissa Fassler)  
In der ersten Phase des Entwurfs liegt der Fokus auf der Erfassung und Analyse des Untersuchungsgebiets als dynamische Assemblage von Akteuren, physischen Strukturen und Prozessen. 
Die Studierenden sollen durch relationale Kartierungen, Feldforschung und diagrammatische Analysen die physischen, sozialen und ökologischen Verflechtungen des städtischen Raums erfassen und visualisieren. 
Ziel ist es, ein tiefes Verständnis für die sozialen Dynamiken und materiellen Netzwerke im Gebiet zu entwickeln und diese durch Karten, Diagramme und Feldforschungsberichte zu dokumentieren.

Wir bewegen uns in einem Feld, wir suchen keine Lösungen, sondern wollen kreativ unsere eigene Position in diesem Feld klären. 

Quelle: Larissa Fassler Kotti 2008
Quelle: Raumlabor Haus der Statistik
Quelle: Kotti Shop
Quelle: parkfiction

11.-15.11.24 EXKURSION nach HAMBURG

Phase 2: Spekulative Urbanität und Prototypische Szenarien
Nach der Analyse der ersten Phasen konnten Interventionsräume identifiziert werden.
Wir ermutigen euch, den Raum mit offenen Augen und offenem Geist zu erkunden und eure eigenen Wahrnehmungswerkzeuge zu entwickeln. 
Der Raum ist weder glatt noch homogen. Wir suchen nach den Rissen, den Lücken, den Kanten. Wie können wir uns eine künftige Transformation vorstellen, die nicht von einer abstrakten, von oben nach unten gerichteten Analyse ausgeht, sondern von einer situierten, performativen Erfahrung des Raums?

In der zweiten Phase des Entwurfs entwickeln die Studierenden spekulative Szenarien und Prototypen, die klimatische, soziale und infrastrukturelle Herausforderungen im Untersuchungsgebiet innovativ adressieren. 
Durch Design Prototyping und Szenarienentwicklung sollen sie neue Möglichkeiten der nachhaltigen und sozial gerechten Transformation des städtischen Raums erkunden, visualisieren und dokumentieren.
Ziel ist es, zukunftsorientierte Entwürfe und alternative Transformationspfade zu entwerfen. 

Phase 3: Konzeption von Aushandlungsprozessen
Eine imaginäre Zukunftswerkstatt soll dabei helfen, sich vorzustellen, wie Stadtmacher*innen, Initiativen, Kleingewerbetreibende und Anwohner*innen gemeinsam an der Struktur eines zukünftigen, langfristig existierenden und sich selbst gestaltenden Stadtlabors arbeiten und gestalten.
In der abschließenden Entwurfsphase entwickeln die Studierenden in Gruppen Konzepte für partizipative Aushandlungsprozesse, die den Rahmen der Transformation des Ortes als Aushandlung zwischen verschiedenen städtischen Akteuren abbilden sollen.
Durch Stakeholder Mapping und die Entwicklung von Verhandlungsmodellen sollen Interessen, Machtstrukturen und Konfliktpotentiale analysiert und Modelle entworfen werden, die eine breite Beteiligung der Bevölkerung sowie öffentlicher und privater gemeinwohlorientierter Akteure ermöglichen. 


Wir nähern uns einem Stück Stadt mit verschiedenen Methoden der künstlerischen Forschung, um es zu verstehen und, wenn möglich, für gemeinschaftliche Zwecke aneignen und nutzen. 
Im Kontext des Klimawandels und wachsender sozialer Ungleichheiten untersuchen wir Fallstudien, die das Gemeinwohl fördern und sich gegen ungerechte, spekulative und ausschließende Raumgestaltung wehren. 

Dabei betrachten wir die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Berufe von Raumplanern, Architekten und Stadtgestaltern, um neue Ansätze der Organisation, Arbeit und Produktion zu entwickeln. 

Unser besonderes Interesse gilt den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, in denen Architektur und Städte entstehen, sowie den Werkzeugen und Methoden, die eine aktive Mitgestaltung des Raums ermöglichen. 

In diesem Zusammenhang erforschen wir die Möglichkeiten von Mitbestimmungs- und Verhandlungsprozessen, um die Demokratisierung des öffentlichen Raums und nicht-profitorientierte, kollektive Projektentwicklungs- und Finanzierungsmodelle voranzutreiben. Wie die Wiener Architektin und Aktivistin Gabu Heindl betont: „Architektur ist nicht reine Dienstleistung, sondern analysierende Gestaltung der Umwelt.“
 

Quelle: Raul Walch Raumlabor Berlin Symbiosen
Quelle: Larissa Fassler Moritzplatz
Quelle: 6 © Platz der leeren Versprechungen © FUNKE Foto Services - Marcelo Hernandez