Wahrnehmung und Inspiration (Seminar)

Dr. Cornelia Heering
Wahrnehmung und Inspiration

Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 LP
Freitags, 14-18 Uhr, 7 Termine: 27.4., 4.5., 25.5., 1.6., 22.6., 6.7., 13.7.2018, Hardenbergstr. 33, Raum 110

Der Zustand der „Inspiration“ ist mit der Haltung des Künstlers zur Wirklichkeit quasi „natürlich“ verbunden. Es ist aber auch ein fragwürdiger Zustand, erscheint er doch als nicht kontrollierbar, plötzlich auftretend und mit der Attitüde des Nicht-Willentlichen, des auf keinen Fall Erzwingbaren verbunden. Dennoch beginnt das Staunen des Zuschauers, des Rezipienten eines Kunstwerks, ziemlich schnell mit der Suche nach den Referenzpunkten jener künstlerischen „Inspiration“. Eine Tradition, die das Leben in der Alltagswirklichkeit kategorisch und systematisch von der Daseinsform des von Inspiration getragenen Künstlers, der in einem „anderen Modus“ von Wahrnehmung der Wirklichkeit wirkt, unterscheidet. Diese Absage an das Leben ist eines von möglichen Modellen, angesichts der Ungewissheit, einen inspirativen „Geist“, eine „Eingebung des Göttlichen“ als konstituierenden Begleiter des schöpferischen Prozesses neben und gleichsam „hinter sich“ zu wissen. Ein Leben als Schreiber, als „écrivain“, oder ein Leben als Maler, das Leben eben anders Nachzeichnender, nicht mehr bloß Imitierender, ein Leben, das sich Hals über Kopf in die Töne stürzt, wie Fauré, oder in die cineastischen Bilder, all das hat etwas Gemeinsames: Wer sich dafür entscheidet und vollauf mit ihm identifiziert, setzt einen riskanten kreativen Prozess in Gang, bei dem er sich von dem Bewusstsein, dass er jenes sogenannte wirkliche Leben vielleicht versäumt, ebenso frei machen muss wie er davon in Schaffenskrisen überfallen wird.

Ziel des Seminars ist es, vielfältige Anlässe zur experimentellen Erfahrung mit eigenen kreativen und künstlerischen Aufträgen zur Imitation und Lösung von Mustern von den Teilnehmer*innen anzubieten und durchzuführen. Wir werden uns mit den Ursprüngen von Inspiration in Wahrnehmungsbeispielen und ihrer „Begleitmusik“ befassen.

Verschiedene Zugänge, die von der Zusammensetzung der Studierenden abhängen, bilden Möglichkeitsoptionen für das Suchen von Lösungen und für den Umgang mit Hindernissen, mit Blockaden, die die kreativen Prozesse ebenso begleiten wie die inspirativen Phasen. Kognition, Imitation, Wahrnehmung, Wissen um Stabilität und Instabilität, diese Begriffe werden den Rahmen bilden, der den Zugang zu inspirativem Können aufdeckt.

Literatur:
Blackmore, Susan: Gespräche über Bewusstsein, Frankfurt a.M. 2012.
Bourdieu, Pierre: Pascalianische Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft, Frankfurt a. M. 2017.
Bredekamp, Horst: Leibniz und die Revolution der Gartenkunst, Berlin 2012.
Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen, Frankfurt a.M. 1985.
Polanyi, Karl: The Great Transformation, Frankfurt a.M. 2015.
Taylor, Charles: Das sprachbegabte Tier, Berlin 2017.
Tomasello, Michael: Eine Naturgeschichte des menschlichen Denkens, Berlin 2014.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßige, aktive Teilnahme, Diskussion und verantwortliche Gestaltung einer Sitzung in Form eines Referatsbeitrages bzw. einer experimentellen Präsentation.

Schwerpunkte: Lesen, Wahrnehmen, Transformieren

Cornelia Heering verantwortet die Strategie, die Entwicklung und Vermarktung erfolgreicher Lehr- und Lernmedienkonzepte nach den Lehrplanrevisionen seit PISA in einer Verlagsgruppe. Sie studierte Germanistik und Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dort hat sie als Lehrbeauftragte Seminare u.a. zu den Themen „Bildung und Spiel“, „Am Anfang steht das ABC-Buch“, „Konzeption und Analyse von Lesebüchern“, „Rebellion gegen die Weiblichkeit - Biographieforschung am Modell Cornelia Goethe“ durchgeführt. Sie promovierte über „Die Kultur des Kriminellen - Literarische Diskurse zwischen 1918 und 1933“.