Widerständiges Leben in der Stadt (E-Seminar)
Cord Riechelmann
Widerständiges Leben in der Stadt
E-Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
6 Präsenz-Termine / Video Sessions: Dienstags, 14-18 Uhr, am 5.5., 19.5., 2.6., 16.6., 30.6., 14.7.2020
Nilgänse in Frankfurt am Main, größere Sittiche und kleinere Papageien in Düsseldorf, Wiesbaden und Köln-Leverkusen und Stadttauben überall werden zunehmend zum Ärgernis auch der unbescholtensten Bürger. Nur eine tote Nilgans sei eine gute Nilgans, hörte man etwa in Frankfurt einen Bürger sagen. Auf der anderen Seite aber lassen sich gerade ältere Frauen das Füttern von Stadttauben nicht verbieten, woraus Fahim Amir schloss, dass, wer Tauben füttere, Widerstand füttere. Ein Tier in die Stadt zu bringen, bedeute, einen Umsturz anzuzetteln, hat daraus die Philosophin Vinciane Despret gefolgert. Donna Haraway hat aus dieser neu zusammengewürfelten Nachbarschaft von Menschen und Tieren gerade in Städten den Schluss gezogen, noch einmal über die Begriffe von Verwandtschaft und Nachbarschaft nachzudenken. Beides soll im Seminar geschehen, ausgehend von der Tatsache, dass im Zeitalter des menschengemachten Artensterbens, Städte zu Fluchtlinien der Arten geworden sind. Dabei sollen eigene Beobachtungen immer wieder mit Texten aus der Naturgeschichte und Naturphilosophie konfrontiert werden, um im besten Fall zu dem Ergebnis zu kommen, das man das Naturschöne nicht ohne das Sozialschöne denken kann und umgekehrt.
Literatur:
Amir, Fahim: Schwein und Zeit. Tiere, Politik, Revolte, Hamburg 2018.
Descola, Philippe: Jenseits von Natur und Kultur, Frankfurt am Main 2011.
Despret, Vinciane: Was würden Tiere sagen, würden wir die richtigen Fragen stellen? Hamburg 2019.
Haraway, Donna: Das Manifest für Gefährten: Wenn Spezies sich begegnen - Hunde, Menschen und signifikante Andersartigkeit, Berlin 2016.
Haraway, Donna: Unruhig bleiben. Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän. Frankfurt am Main 2018.
Shakur, Tupac: The Rose that grew from Concrete, London 2006.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: kontinuierliche, aktive Mitwirkung.
Schwerpunkte:
Ausrichtung der Veranstaltung: orientierend, kritisch
Kompetenz/Aktivität der Teilnehmenden: reflektieren/denken, artikulieren
Cord Riechelmann, geboren 1960 in Celle, studierte Biologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er war Lehrbeauftragter für das Sozialverhalten von Primaten und für die „Geschichte biologischer Forschung“. Außerdem arbeitete er als Kolumnist und Stadtnaturreporter für die „Berliner Seiten“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Autor der Bücher „Bestiarium“ (2003) und „Wilde Tiere in der Großstadt“ (2004). 2008 erschien eine Sammlung der Stimmen der Tiere Europas, Asiens und Afrikas, 3 CDs bei kein und aber. Er kuratierte zusammen mit Marcel Schwierin das Sonderprogramm zum „Kino der Tiere“ bei den Kurzfilmtagen 2011 in Oberhausen. Zuletzt erschien das Buch „Krähen. Ein Porträt“ (2013) bei Matthes & Seitz. Riechelmann schreibt für diverse Zeitungen u. a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, den Merkur, die taz und die jungle world. Er unterrichtet wiederkehrend im Studium Generale der Universität der Künste Berlin.