Tabubrüche. Diskurse des Extremen in den Künsten (Seminar)
Dr. Judith Elisabeth Weiss
Tabubrüche. Diskurse des Extremen in den Künsten
Seminar, 2 SWS, 2 LP
Dienstag, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 20.10.2015, Hardenbergstr. 33, Raum 102 (am 10.11.2015 in Raum 150)
Radikale künstlerische Positionen, die an gesellschaftlichen Tabus rühren und mit Mitteln der Überschreitung und des Schocks arbeiten, lösen immer wieder heftige Kontroversen aus. Aktuelle Beispiele in der Kunst sind Gregor Schneiders „Raum für einen Sterbenden“, in dem der Tod öffentlich ausgestellt werden soll, extreme Performanzen der Body Art mit ihren Konzepten der Selbstverletzung oder radikale Formen der Vergangenheitsbewältigung wie etwa Santiago Sierras Synagoge als „Gaskammer“. Aber auch Neue und Populäre Musik (Wolfgang Rihm als „Komponist der Extreme“ und Extreme Metal), wie auch Literatur und Theater bieten vielfältige Potentiale der Überschreitung, die mit Begriffen des Maßlosen, des Exzesses oder des Tabubruchs belegt sind.
Themen und Formen des Extremen finden sich nicht nur in Situationen des Ausnahmezustands, sondern sind an vielen Orten der Normalität gegenwärtig und nehmen deren Grenzen ins Visier. Im Seminar diskutieren wir Diskurse des Extremen in den Künsten und fragen nach ihren ästhetischen, gesellschaftlichen und theoretischen Voraussetzungen. Dabei geht es um das Aufspüren der diskursiven Unruhe und der Verstörung, die mit dem Begriff des Extremen und einem Denken des Äußersten verbunden sind. Die exemplarischen Beispiele radikaler künstlerischer Positionen werden durch kulturwissenschaftliche Textlektüren zu Theorien des Extremen vertieft. Das Seminar gibt außerdem Einblicke in die Praktiken des Extremen durch Gastreferenten aus den Bereichen Kunst, Literatur und Musik.
Vorschläge der Seminarteilnehmer/innen zur Erweiterung der Auswahl zu diskutierender Materialien sind willkommen.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßige Teilnahme, Lektüre und Referat.
Literatur: Ein Seminarreader mit relevanten Texten wird zur Verfügung gestellt.
Dr. Judith Elisabeth Weiss (Kunsthistorikerin, Ethnologin) ist freie Projektmitarbeiterin am Deutschen Hygiene-Museum Dresden und assoziierte wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL). Sie war bis 2015 Forschungsreferentin der Direktion am ZfL und langjährige Kuratorin für moderne und zeitgenössische Kunst in verschiedenen Museen (bis 2011). Ihr Forschungsinteresse gilt unter anderem Figurationen des Verschwindens, Kulturen der Verweigerung, Bild- und Kulturgeschichte des Gesichts und kulturwissenschaftlichen Bildtheorien. Sie ist Redakteurin und Gastherausgeberin des „Kunstforum International“ und hat zahlreiche Aufsätze zu Phänomenen der Kunst der Moderne und der Gegenwartskunst veröffentlicht.