Übergänge oder Brüche? (Seminar)
Cord Riechelmann
Übergänge oder Brüche?
Seminar, 2 SWS, 2 LP
Montags, 16-20 Uhr, 14tägig ab 31.10.2016 (8 Termine: 31.10.2016, 14.11., 28.11., 12.12., 9.1.2017, 23.1., 30.1., 13.2.), Hardenbergstr. 33, Raum 110
Nicht die ruhige, stetige und nüchterne Anhäufung von Wissen über die Jahre bringt den Fortschritt in die Wissenschaften, sondern der radikale Bruch, der das bestehende Wissen und seine Ordnungen mit einer wischenden Bewegung hinwegfegt. Als der französische Wissenschaftstheoretiker und Philosoph Gaston Bachelard mit dieser Einsicht in den 1930er Jahren das Bild der Wissenschaften von einer kontinuierlichen Evolution der Wissensordnungen in eine sozusagen permanent revolutionär mit allem Vorhergehenden brechende Aktion verwandelte, hatte er nicht nur die Wissenschaften selbst im Blick, die für ihn erst mit einer radikalen Abwendung von der Alltagserfahrung begannen. Bachelard verband mit seinem „epistemischen Bruch“ immer auch ästhetische Interessen, die er in der „Poetik des Raumes“ als eine Untersuchung „der Ekstase der Bildneuheit“ vor allem in der Dichtung entfaltet. Es soll im Seminar darum gehen, auf der Basis des Bachelard’schen Entwurfs in neueren Ästhetiken von Jacques Ranciere und Alain Badiou nach dem Zustand der gegenwärtigen Bildproduktion in Wissenschaft und Kunst zu fragen.
Literatur:
Bachelard, Gaston: Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes. Beitrag zu einer Psychoanalyse der objektiven Erkenntnis, Suhrkamp 1987.
Bachelard, Gaston: Poetik des Raumes, Hanser Verlag 1975.
Jacques, Ranciere: Politik und Ästhetik. Passagen Gespräche 5, Passagen Verlag 2016.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit.
Cord Riechelmann, geboren 1960 in Celle, studierte Biologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er war Lehrbeauftragter für das Sozialverhalten von Primaten und für die „Geschichte biologischer Forschung“. Außerdem arbeitete er als Kolumnist und Stadtnaturreporter für die „Berliner Seiten“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Autor der Bücher „Bestiarium“ (2003) und „Wilde Tiere in der Großstadt“ (2004). 2008 erschien eine Sammlung der Stimmen der Tiere Europas, Asiens und Afrikas, 3 CDs bei kein und aber. Er kuratierte zusammen mit Marcel Schwierin das Sonderprogramm zum „Kino der Tiere“ bei den Kurzfilmtagen 2011 in Oberhausen. Zuletzt erschien das Buch „Krähen. Ein Porträt“ (2013) bei Matthes & Seitz. Riechelmann schreibt für diverse Zeitungen u. a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Süddeutsche Zeitung, den Merkur, die taz und die jungle world. Er unterrichtet wiederkehrend im Studium Generale der Universität der Künste Berlin.