Wahrnehmung und Gedächtnis

Dr. Cornelia Heering
Wahrnehmung und Gedächtnis

Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 14-18 Uhr, circa 14-tägig, 8 Termine: 18.10., 1.11., 15.11., 29.11., 13.12.2019, 10.1., 7.2., 14.2.2020,
Hardenbergstr. 33, Raum 110

Die Gestaltung der Natur kann nur sehr selten als vollständige Kopie dessen erfolgen, was der Beobachter wahrgenommen hat. Denn unsere Wahrnehmung setzt immer sowohl am „plötzlichen Eindruck”, an der Wirkung des „Erhabenen”, und am Gekannten und Gewussten an, das sie transformiert. Der Anspruch, die vorgefundene Natur zu verändern um sie zu beherrschen, die Erforschung der Natur und die Neugestaltung natürlicher Umgebungen sind Vorgänge und Aufträge, die zuerst in unserem Bewusstsein stattfinden müssen, bevor wir Technik, Wissen, Handwerk und Kunst einsetzen können. Nichts sei so schwierig, wie das genaue Imitieren, sagt Susan Blackmore. Dies impliziert, dass wir bei jedem Akt der Naturbehandlung uns auch mit uns selbst auseinandersetzen. Wir vergleichen, wir veranschaulichen und wir abstrahieren. Und wir schaffen dann erst neue Kreationen. Kooperation und kognitive Antizipation der Wirkungen des eigenen Handelns im Kollektiv, behauptet Michael Tomasello in seinem Buch „Die Naturgeschichte der menschlichen Moral“, seien Bedingungen dafür, dass die Evolution überhaupt voranschreitet.

Das Seminar beschäftigt sich mit Theorien zur Rolle des Gedächtnisses und zu den Bewusstseinsvorgängen, die ablesbar sind an den Beschreibungen von Ereignissen und Gestaltungen eines konkreten Werkes. Die Lektüre von Texten soll zu eigenen Gestaltungsaufträgen führen, deren Auswertung diskutiert und kontrovers zur „Kritik der Urteilskraft” im Sinne Kants beiträgt.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßige Teilnahme und Gestaltung einer Sitzung in Form eines Referatsbeitrags oder einer „Übersetzung” einer Theorie in eine Konkretisierung.

Literatur:
Blackmore, Susan: Gespräche über Bewusstsein, 2007.
Blackmore, Susan: Imitation. In: Gene, Meme und Gehirne. Geist und Gesellschaft als Natur - eine Debatte, 2003.
Bredekamp, Horst: Leibniz und die Revolution der Gartenkunst. Herrenhausen, Versailles und die Philosophie der Blätter, 2012.
Halbwachs, Maurice: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen, 1985.
Hoffmann, E.T.A.: Fantasiestücke in Callots Manier.
Tomasello, Michael: Eine Naturgeschichte der menschlichen Moral, 2016.
Weiß, Martin G.: Die Auflösung der menschlichen Natur. In: Ders. Bios und Zoë, 2009.

Schwerpunkte:
Ausrichtung der Veranstaltung: orientierend, vorwärtsgewandt
Kompetenz/Aktivität der Teilnehmenden: wahrnehmen, reflektieren/denken

Cornelia Heering verantwortet die Strategie, die Entwicklung und Vermarktung erfolgreicher Lehr- und Lernmedienkonzepte nach den Lehrplanrevisionen seit PISA in einer Verlagsgruppe. Sie studierte Germanistik und Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dort hat sie als Lehrbeauftragte Seminare u.a. zu den Themen „Bildung und Spiel“, „Am Anfang steht das ABC-Buch“, „Konzeption und Analyse von Lesebüchern“, „Rebellion gegen die Weiblichkeit - Biographieforschung am Modell Cornelia Goethe“ durchgeführt. Sie promovierte über „Die Kultur des Kriminellen - Literarische Diskurse zwischen 1918 und 1933“.