Die Macht der Sprache

Prof. Dr. Philipp Hübl
Die Macht der Sprache

Vorlesung (als Vorlesung ODER Seminar anrechenbar), Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Dienstags, 18-20 Uhr, wöchentlich ab 25.10.2022, Hardenbergstr. 33, Raum 158

Anmeldung ab 17.10.2022 auf Moodle: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1651
Moodle Einschreibeschlüssel / Moodle Enrollment Key: machtdersprache


Der Mensch ist das sprechende Tier. Aristoteles zufolge sind wir das Zoon Logon, das Tier, das den „Logos“ hat, was unter anderem „Vernunft“, aber auch „Sprache“ heißen kann. Bis heute gehen viele Forscher und Forscherinnen davon aus, dass unsere Sprachfähigkeit das ist, was uns Menschen von anderen intelligenten Tieren unterscheidet.

In der Vorlesung geht es darum, was Sprache ist und welche Funktion sie in der Kommunikation hat. Wir können uns mit unseren Wörtern, Sätzen und Gedanken auf die Welt beziehen, weil sie Bedeutung haben. Neben der wörtlichen Bedeutung kennen wir aber auch Andeutungen, Anspielungen, Witz, Ironie, Vagheit, Mehrdeutigkeit, Metaphern und viele andere Phänomene, die unsere Kommunikation so spannend machen. Unsere Sprachhandlungen, oder allgemeiner Sprachspiele, können viele Formen annehmen. Welche Rolle spielen in der Kommunikation Sprecher, Hörer und die Sprache selbst? Der „sprachlichen Relativitätsthese“ zufolge ist Sprache das Medium der Gedanken: unser Denken, oder wahlweise unsere Wahrnehmung, unser Wissen oder unser Weltbild hängen von unserer Muttersprache ab. Die Gegenthese besagt, dass Denken unabhängig von der Sprache abläuft und wir im Prinzip alle Gedanken in allen Sprachen ausdrücken können.

Neben dieser kognitiven Dimension werfen wir im zweiten Teil der Vorlesung einen Blick auf die sozialen Aspekte von Sprache: Wie signalisiert man mit Wörtern seine Gruppenzugehörigkeit? Wie wird Sprache zur Klassendistinktion verwendet, um feine Unterschiede zu betonen? Wie werden mit Sprache soziale Tatsachen geschaffen, etwa mit Mietverträgen, Einbürgerungsurkunden, Gerichtsurteilen oder Liebeserklärungen? Wie wird Sprache als Ausdruck von Macht verwendet? Kann Sprache buchstäblich Gewalt sein? Ist politisch korrekte Sprache inklusiv oder exklusiv? Wann dient Sprache zur moralischen Selbstdarstellung? Was sind Metaphern, Narrative, Framing, und können sie unser Denken beeinflussen? Führt Sprachsensibilität zu moralischer Sensibilität? So unterschiedliche Denker wie Wittgenstein, Adorno und Popper waren sich darin einig, dass kritisches Denken heißt, den eigenen Sprachgebrauch zu reflektieren.

Im dritten Teil der Vorlesung werfen wir im Sinne dieser progressiven Selbstkritik einen Blick auf den akademischen Jargon und die Sprache der Kunstwelt. Wie spricht man über ästhetische Erfahrung, kann man subjektives Erleben überhaupt mit Worten ausdrücken oder geht es am Ende doch wieder um Macht und soziale Abgrenzung?

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium Generale Leistungsschein: regelmäßige Teilnahme, Kurzfragen zu ausgewählten Sitzungen.

Philipp Hübl ist Philosoph und Autor der Bücher „Die aufgeregte Gesellschaft“ (2019), „Bullshit-Resistenz (2018), „Der Untergrund des Denkens“ (2015) und „Folge dem weißen Kaninchen“ (2012) sowie von Beiträgen zu gesellschaftlichen und politischen Themen, unter anderem in der Zeit, FAZ, taz, NZZ, auf Deutschlandradio und im Philosophie Magazin. Hübl hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und zuletzt als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Studium der Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Seit dem WS 2020/21 ist Philipp Hübl Gastprofessor für Kulturwissenschaften im Studium Generale der UdK Berlin. Weitere Informationen unter philipphuebl.com.