Kann man auch in Gebärdensprache rappen und singen? MUSIK in der Gehörlosenkultur
Dr. Chae-Lin Kim
Kann man auch in Gebärdensprache rappen und singen? MUSIK in der Gehörlosenkultur
Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS, 5 Plätze
Donnerstags, 16–20, 14tägig, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Beginn: 01.06.2023 (weitere Termine: 08.06, 15.06, 22.06, 29.06, 06.07, 13.07, 20.07.)
Anmeldung ab dem 15.03.2023 über das Online-Vorlesungsverzeichnis! Anmeldungen per Mail können nicht berücksichtigt werden.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium Generale anrechenbar!
„Im Grunde geht es immer wieder darum, die Musik der Hörenden in Gebärdensprache zu übersetzen. Wir passen uns der hörenden Musik an. Was wäre, wenn es umgekehrt wäre? Ihr, hörende Musiker*innen, passt euch unserer MUSIK an?!” So reagierte die taube Künstlerin Ji-Young Park auf die Frage, was sie sich wünscht für die zukünftige Zusammenarbeit mit hörenden Musiker*innen in einer Podiumsdiskussion, die am 28.10.2022 im Rahmen eines inklusiven Konzertes in Cheonan (in Südkorea) stattfand. In der Tat lässt sich feststellen, dass es bei Konzerten, die großen Wert auf Inklusion legen und in die insbesondere taube Künstler*innen mit einbezogen werden, im Wesentlichen darum geht, die hörende Musik den tauben Menschen zu vermitteln, meistens in Form von Übersetzung. Hier stellt sich aber die Frage, warum die Musik der Hörenden so selbstverständlich als Norm aufgefasst wird. Was verstehen eigentlich taube Menschen unter Musik? Haben sie vielleicht ihre eigene Musik, über die hörende Menschen wenig bzw. noch nichts wissen? Kann man auch in Gebärdensprache rappen und singen?
Im Seminar tauchen wir in die Welt der Gehörlosen ein und betrachten Musik aus einem Blickwinkel, bei dem das Hören-Können überhaupt keine Rolle spielt. Im Fokus stehen gebärdensprachliche Kunstformen wie Gebärdenraps, -lieder und Gebärdensprachpoesien, die seitens tauber Menschen als (visuelle) MUSIK bezeichnet werden. Ein wichtiger Leitgedanke dabei ist, dass das Gehörlossein nicht nur eine Sache des Hörstatus ist, sondern kulturelle Aspekte umfasst und dass die Gehörlosenkultur in einem dynamischen Verhältnis zur Hörendenkultur steht, das sich auch in den unterschiedlichen musikalischen Darbietungsformen von tauben Künstler*innen niederschlägt. Ziel des Seminars ist, unser Musikverständnis, das in der Regel ausschließlich an hörenden Menschen bzw. an der Hörendenkultur orientiert ist, zu hinterfragen/erweitern. Besuche von tauben Künstler*innen sind geplant.
Literaturhinweise:
H-Dirksen L. BAUMAN, Jennifer L. NELSON und Heidi M. ROSE (Hgg.): Signing the Body Poetic. Essays on American Sign Language Literature, Berkeley und London 2006.
Jody H. CRIPPS u. a.: „A Case Study on Signed Music: The Emergence of an Inter-performance Art“, in: Liminalities: A Journal of Performance Studies 13 (2017), S. 1–24.
Edward S. KLIMA und Ursula BELLUGI: „Poetry and Song in a Language without Sound“, in: dies. (Hgg.), The Signs of Language, Cambridge 1979, S. 340–372.
Anabel MALER: „Musical Expression among Deaf and Hearing Song Signers”, in: Blake Howe u. a. (Hgg.), The Oxford Handbook of Music and Disability Studies, New York 2016, S. 73–91.
Anne C. UHLIG: Ethnographie der Gehörlosen. Kultur-Kommunikation-Gemeinschaft, Bielefeld 2012.
Leistungsanforderungen:aktive und regelmäßige Teilnahme.
Chae-Lin Kim erhielt ihre künstlerische Ausbildung im Hauptfach Violoncello bei Michael Sanderling an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Nach ihrem künstlerischen Diplom absolvierte sie ihren Master in Musikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und ihre Promotion an der UdK. Derzeit ist sie Stipendiatin (AMMR grantee) des Forschungszentrums Music & Minorities, das an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien angesidelt ist. Ihr Forschungsinteresse gilt u.a. gebärdensprachlichen Kunstformen, die mit Musik in Verbindung stehen, der Instrumentalpädagogik sowie dem K-Pop.