„The best of Germany in song". Lied nach 1945
Prof. Dr. Dörte Schmidt
„The best of Germany in song". Lied nach 1945
Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS, 5 Plätze
Montags, 10–12 Uhr, wöchentlich ab 24.04.2023, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Anmeldung ab dem 15.03.2023 über das Online-Vorlesungsverzeichnis! Anmeldungen per Mail können nicht berücksichtigt werden.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium Generale anrechenbar!
Vor nun gut 20 Jahren hat Christoph Marthaler in seiner vielbeachteten Theaterarbeit zu Franz Schuberts Die Schöne Müllerin einem breiten Theaterpublikum vor Augen und Ohren geführt, wie nah sich Abgrund und Trost im Liedersingen sind. Die ästhetische Unmittelbarkeit der Lieder und ihr Zauber trennen sie, das führt Marthaler in vielen seiner Stücke vor, nicht von der durchaus nicht ohne Belastungen gebliebenen Geschichte ihrer Rezeption. Während Jeremy Irons das Klavierlied rückblickend in einer zentralen Szene seines Films Was vom Tage übrigblieb zum Emblem des „deutschen Kulturvorhangs“ der Nationalsozialisten machte, belegten Erika und Klaus Mann 1939 die emigrierte Sängerin Lotter Lehmann mit dem Prädikat „interprets the best of Germany in song“. Lieder gehörten zu den zentralen Gattungen der exilierten Kultur. Das Spannungsfeld, in dem sich die Gattung des Klavierliedes nach 1945 bewegt, ist vergangenheitspolitisch in vielfacher Hinsicht auf-geladen. Neue Kunst findet gerade in der Gattung des Klavierliedes ihren Resonanzraum im Repertoire und seiner Geschichte – nicht wenige avancierte Komponist*innen haben die Gattung gemieden (von Karlheinz Stock-hausen etwa gibt es keine Lieder), andere – wie etwa Aribert Reimann – gerade deshalb aufgesucht. Eine Lied-geschichte dieser Zeit muss dem Rechnung tragen und kann Kompositions- und Aufführungsgeschichte nicht trennen.
Literaturhinweise:
Martin GÜNTHER: „Lied- und Kammermusikkultur“, in: Thomas Ertelt und Heinz von Loesch (Hgg.), Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert, Kassel 2021, S. 368–399.
Andreas MEYER: „Musikalische Lyrik im 20. Jahrhunderts“, in: Hermann Danuser (Hg.), Musikalische Lyrik 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart (= Handbuch der musikalischen Gattungen, Bd. 8/2), Laaber 2004, S. 225–318.
Dörte SCHMIDT und Matthias PASDZIERNY: „‚Interprets the best of Germany in song‘. Aufführungskulturen des Liedes und das Exil“, in: Katharina Hottmann (Hg.), Liedersingen. Studien zur Aufführungsgeschichte des Liedes (= Jahrbuch Musik und Gender, Bd. 6), Hildesheim 2014, S. 127–143.
Leistungsanforderungen: aktive und regelmäßige Teilnahme.
Dörte Schmidt, geboren 1964. Studium der Schulmusik (künstl. Hauptfach: Viola), Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie in Hannover, Berlin und Freiburg; Stipendiatin des ev. Studienwerkes Villigst e.V. 1992 Promotion bei Hermann Danuser an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. (Lenz im Zeitgenössischen Musiktheater . Literaturoper als kompositorisches Projekt bei Bernd Alois Zimmermann, Friedrich Goldmann, Wolfgang Rihm und Michele Reverdy, Stuttgart 1993). Danach als Stipendiatin der Paul-Sacher-Stiftung in Basel, sowie des DAAD und der Maison des Sciences de l'Homme in Pa ris. Ab Dezember 1992 als Wiss . Mitarbeiterin, später als Wiss. Assistentin von Werner Breig am Musikwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität Boc hum . Von Okt . 95 bis Sept . 97 beurlaubt für ein Habilitationsstipendium der DFG, Forschungsaufenthalte in Wien und Paris; 1997 Habilitation in Bochum (Armide hinter den Spiegeln . Lully, Gluck und die Möglichkeiten der dramatischen Parodie, Stuttgart 2001). Nach Vertretungen in Freiburg, Bochum und Stuttgart von 2000 bis 2006 Professorin für Musikwissenschaft an der Musikhochschule Stuttgart. Von 2002 bis 2005 als Schriftleiterin der Zeitschrift Die Musikforschung verantwortlich für den Aufsatzteil, seit 2005 Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Musik forsc hung. Seit WS 2006 Professorin für Musikwissenschaft an der Universität der Künste Be rlin . Seit November 2010 Vizepräsidentin des Landesmusikrats Berlin, seit Oktober 2013 Präsidiumsmitglied im Deutschen Musikrat. Mitglied des Editorial Board von Acta Musicologica sowie im Advisory Board der Elliott Carter Studies Online . Seit 2016 Projektleiterin der Bernd Alois Zimmermann-Gesamtausgabe in der Trägerschaft der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Main z. Seit September 2017 Präsidentin der Gesellschaft für Musikforschung, seit 2018 Sprecherin des Zentrums Preußen-Berlin der BBAW. Gemeinsam mit Prof. Dr. Holger Simon Sprecherin der Initiative NFDl4Culture.