Was mit Sonne! Energiewende(n) – Innovationen, Narrative und die Konkurrenz um kulturelle Geltung
Prof. Dr. Ingo Uhlig
Was mit Sonne! Energiewende(n) – Innovationen, Narrative und die Konkurrenz um kulturelle Geltung
50 Hertz Gastdozentur: Neue Energiesysteme und Energiekulturen
Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS, 15 Plätze
Dienstags, 16-18 Uhr, wöchentlich ab 22.10.2024, TU Berlin, Marchstraße 23, 10587 Berlin, Erdgeschoss Raum 0.009
Anmeldung bis 21.10.2024 unter: ingo.uhlig @germanistik.uni-halle.de
In einer Kooperation mit dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz erkundet dieses Seminar den Zusammenhang zwischen den technischen und kulturellen Ebenen der Energiewende. Worum geht es dabei?
Energieumbrüche resultieren aus technischen Entwicklungen und zeigen sich in der Errichtung und dem Ausbau weithin sichtbarer Infrastrukturen. Man kann zum Beispiel an alle Sparten von Kraftwerken denken, die zu unterschiedlichen Zeiten im Zentrum solcher Umbrüche standen: Kraftwerke für Wasser, Kohle, Atom, Wind und Sonne.
Gleichzeitig aber werden Energieumbrüche mit Diskursen und Argumenten begründet, sie werden erzählt und bebildert. Hier, im Bereich der sogenannten Narrative, vollzieht sich etwas, dessen Relevanz sowohl in der Geschichte wie auch in der Gegenwart von Technik und Energie nicht zu unterschätzen ist: Technische Entwicklungen werden (oft mitsamt der dazugehörigen AkteurInnen) durch Narrative mit kultureller Geltung versehen oder in Frage gestellt. Historisch kennt man solche Geltungskonkurrenzen und -kämpfe – z.B. die Auseinandersetzung zwischen Dampfkraft und Elektrizität oder den sogenannten Stromkrieg (war of currents), der in den USA um die Anwendung von Gleich- oder Wechselstrom ausbrach. Das aktuelle und bekannteste Beispiel ist der Diskurs um Wärmewende und insbesondere Wärmepumpe. Aber auch in den anderen Bereichen der Energiewende –Mobilität, Strom und Netzausbau – stößt das technisch Machbare fortwährend auf den teils lauten Widerstand ‚weicher‘, das heißt kultureller Faktoren.
Energieumbrüche vollziehen sich somit in einem kulturellen Kräfteverhältnis und sie lassen sich nur verstehen und steuern, wenn dieses Kräfteverhältnis untersucht und durch Erforschung transparent wird. Das Seminar wird hierzu einen Beitrag leisten: Wir blicken auf historische Energieumbrüche und auf das gegenwärtige Innovationsgeschehen der Energiewende mitsamt der jeweiligen Geltungsdiskurse, Narrativ-Konstellationen und Rhetoriken. Dabei ist auch geplant, mit AkteurInnen der Energiewende in Austausch zu treten, um aus erster Hand Erkenntnisse über Innovationsprozesse und deren Vermittlung zu erhalten. Dies geschieht in Form von Gastvorträgen und Exkursionen.
Im Sommersemester 2025 ist eine Anschlussveranstaltung geplant, bei der weitere Exkursionen zu energietechnischen Standorten im Mittelpunkt stehen.
Leistungsanforderung: regelmäßige, aktive Teilnahme.
Ingo Uhlig: Welche Rolle spielen Kunst und Literatur, Erzählungen und Bilder im Bereich von Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energiewende? Ich bin Medien- und Literaturwissenschaftler und beschäftige mich hauptsächlich mit diesen Fragen. Nach verschiedenen Tätigkeiten an der Bauhaus-Universität Weimar, der Kunstakademie Münster und der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle bin ich seit 2019 Professor an der Universität Halle. An der TU Berlin startete 2023 außerdem die 50HERTZ GASTDOZENTUR mit dem Titel WAS MIT SONNE! Ziel ist es hier, die Wissensgebiete der Energietechnik, der Kulturwissenschaften und der Künste miteinander ins Gespräch zu bringen. Diese Idee setzen wir folgendermaßen um: Wir treten in den Austausch mit Gastreferentinnen, unternehmen Exkursionen zu Energiestandorten und führen ein intensives Seminargespräch über künstlerische Arbeiten, Texte und Filme.