Alles ausstellen – Zu Großausstellungsformaten für die Künste und alles andere

Prof. Dr. Miriam Oesterreich
Alles ausstellen – Zu Großausstellungsformaten für die Künste und alles andere

Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS, 5 Plätze
Mittwochs, 14-16 Uhr, wöchentlich ab 19.10.2022, Medienhaus, Grunewaldstr. 2-5, Raum 306
Anmeldung über Moodle (https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1636)

2022 findet gleichzeitig die documenta 15 und die Biennale von Venedig statt, ebenso wie die Manifesta in Pristina, die Berlin Biennale und eine ganze Reihe weiterer internationaler Kunstausstellungsformate und Biennalen. Vom Phänomen der ‚Biennalisierung‘ der zeitgenössischen Kunstszene ausgehend, wird sich das Seminar Fragen von Lokalität und Globalisierung im Feld von Welt-Kunst-Ausstellungen widmen. Inhärente Machtstrukturen und Gegenentwürfe sollen dabei eine Rolle spielen, Biennalen und Gegenbiennalen mit anderen Ideen „alles auszustellen“ diskutiert werden. Die Weltausstellungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts können hierfür eine historisch-ideelle Herleitung liefern durch das Konzept der enzyklopädischdidaktischen Akkumulation von Dingen und Objekten aus den Bereichen Technik, Maschinerie, Handwerk, bildende Kunst, Performance und Ethnographie, die ein synthetisches Wissen über die Welt erzeugen sollte.

Diese Synthese, wie sie in der 1851 in London erstmals veranstalteten "Great Exhibition of All Nations" zum Ausdruck kam, spiegelte sich in der im neunzehnten Jahrhundert aufkommenden Idee eines "Gesamtkunstwerks" wider. Kunst, Kunstgewerbe, Artefakte, Maschinen, technische Innovationen, Industriepaläste und nationale Ausstellungsarchitekturen gehen dabei eine Symbiose ein. Die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Nicht-Kunst wurden so im Konzept der Weltausstellung neu verhandelt.

Heute hat das Format Weltausstellung an Relevanz eingebüßt, Ausstellungen ‚aller‘ Künste finden aber im ebenfalls globalisierten Kontext der Biennalen statt. Fragen zu Gattungsgrenzen zwischen Kunst, Design, Politik, Nation und Marketing werden immer noch und wieder entlang der Konzepte allumfassender Ausstellungsformate aufgeworfen.

Das Seminar wird sich mit den Strukturen des Displays von Allem auseinandersetzen und Praktiken der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit im Kontext einer "Biennalisierung" der Kunstszene untersuchen. Insbesondere soll dabei das Augenmerk auf den Ausstellungspraktiken ‚peripherer‘ Geografien und subversiver Perspektiven liegen.

Leistungsanforderungen: Regelmäßige und aktive Teilnahme, Übernahme eines Impulsreferats.

Miriam Oesterreich ist seit dem Sommersemester 2021 Professorin für Theorie der Gestaltung/Gender Studies an der Universität der Künste Berlin. Sie war zuvor Athene Young Investigator, Postdoktorandin der Kunstgeschichte und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Mode & Ästhetik der Technischen Universität Darmstadt. Außerdem war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt Worlding Public Cultures – The Arts and Social Innovation an der Universität Heidelberg und ist dort weiterhin assoziiert. Zurzeit forscht sie zu den globalen Verflechtungen des mexikanischen Indigenismus als avantgardistische Kunstpraxis. In ihrer Dissertation arbeitete sie die Inszenierungen ‚exotischer‘ Körper in früher Bildreklame, 1880-1914 für die Kunstgeschichte auf. Sie studierte an den Universitäten in Heidelberg, Havanna (Kuba), Valencia (Spanien) und an der Freien Universität Berlin Kunstgeschichte, Romanistik und Altamerikanistik. 2019 war sie Ansel-Adams-Fellow des Center for Creative Photography an der University of Arizona.