groundwork. queerfeministischer agri-kultureller Aktivismus in Brandenburg

Prof. Dr. Nanna Lüth
groundwork. queerfeministischer agri-kultureller Aktivismus in Brandenburg

Blockseminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS, 6 Plätze
Mittwochs, 14–17 h, 3.5., evtl. 31.5., 14.6., 19.7.2023 sowie nach Absprache ein (halber) Tag im Mai oder Juni und das Wochenende 7.- 9.7.2023 in Neuendorf im Sande und Steinhöfel
3.5. Treffen im Einsteinufer 43, Raum 223
Anmeldung bis spätestens 27.4.2023 unter n.lueth_ @udk-berlin.de!

Das brandenburgische Neuendorf im Sande ist im Laufe des 20. Jahrhunderts von verschiedenen sozialen, landwirtschaftlichen und ökologischen Traumata, Ideologien und Visionen geprägt worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in Neuendorf eine jüdische Landwirtschaftsschule als Teil der Hachschara-Bewegung gegründet, was auf Hebräisch "Vorbereitung" bedeutet. In den Hachschara-Zentren wurden jüdische Jugendliche in beruflichen Fertigkeiten ausgebildet, die sie für ihre Emigration nach Palästina oder an andere Orte benötigten. Neuendorf war eine der größten Hachschara-Stätten in Deutschland, bis das NS-Regime sie in ein Zwangsarbeitslager umwandelte. Kurz darauf wurden seine Insass*innen in Todeslager deportiert. In der Zeit der DDR wurde das Gelände als Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft genutzt.

Im Sommer 2022 schloss sich eine Gruppe von Künstler*innen, Forscher*innen, Landwirtschafts- und Kulturarbeiter*innen mit dem Landwirtschaftskollektiv Lawinezusammen und gründete die Agricultures School. Agricultures School praktiziert kollektive Experimente in Landwirtschaft und Kultur und bringt emanzipatorisches landwirtschaftliches Wissen und künstlerische Lernformen mit einer Vision der ökologischen Transformation zusammen.

Ganz in der Nähe liegt das Haus des Wandels in Steinhöfel. Haus des Wandels versteht sich als „post-lokaler Dorfplatz“, auf dem „[f]eministische Beziehungen, utopische Gastfreundschaft, intersektionale Analysen, […] künstlerische Strategien, strukturell nachhaltige Infrastrukturen“ und anderes gepflegt werden. Die Zusammenarbeit ist angefragt.

Im Seminar beschäftigen wir uns mit Materialien und künstlerischen Arbeiten, die Bezüge zur Geschichte und Aktualität dieser Initiativen aufweisen. Außerdem werden eigene Erfahrungen mit Aktivismus und Landwirtschaftskultur(en) gesammelt und eine fragende Perspektive auf die Orte und ihre Nachbarschaften entwickelt. Ein kürzerer Aufenthalt im Mai und ein Juliwochenende vor Ort bringen verschiedene Akteur*innen (u.a. Oreet Ashery von der Ruskin School of Art, Oxford, Vertreter*innen der Agricultures School und evtl. von Haus des Wandels, Nanna Lüth und Studierende von der UdK Berlin) zusammen. Die unterschiedlichen Erfahrungen und Qualifikationen der Beteiligten stellen eine Vielfalt an Wissen, Interessen und Fähigkeiten dar und bilden die Grundlage(groundwork) für Beobachtungen mit verschiedensten Medien, die in künstlerische Feldtagebüchern einfließen.

Leistungsanforderungen: Aktive Teilnahme an Terminen und Exkursionen, Lektüren und Recherchen, künstlerische Feldtagebücher.

Nanna Lüth arbeitet und forscht in den Bereichen Kunst, Kunstpädagogik und Medienbildung. Sie engagiert sich für eine differenzreflexive und dekonstruktive kunstpädagogische Praxis. Nach vielfältigen Berufserfahrungen in der Kunstvermittlung und Forschung war sie von 2013–21 Juniorprofessorin für Kunstdidaktik/Geschlechterforschung an der UdK Berlin. Von 2018–20 vertrat sie die Professur für Kunstpädagogik/-didaktik an der Universität Duisburg-Essen. Aktuell arbeitet sie am Institut für Kunst im Kontext als Gastprofessorin für diskriminierungskritische Didaktik im Feld der Künste und kooperiert hierfür mit Lehrenden aus verschiedenen Bereichen und dem Berliner Zentrum für Hochschuldidaktik.
Arbeitsschwerpunkte sind: kunst- und theoriebasierte Methodenentwicklung, die Öffnung und Diversifizierung von Bildungsinstitutionen sowie Sichtbarkeit und Humorpolitiken. 2021 neu erschienen: Nanna Lüth (Hg.): Schule, Körper, Social Media. Differenzen reflektieren aus kunstpädagogischer Perspektive, München: kopaed. www.nannalueth.de.