Alles ausstellen – Weltausstel­lun­gen und Kun­st­bi­en­nalen

Prof. Dr. Miriam Oesterreich
Alles ausstellen – Weltausstel­lun­gen und Kun­st­bi­en­nalen

Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS, 5 Plätze
Mittwochs, 14 - 16 Uhr, wöchntlich ab 20.04.2022
Ort: Medienhaus
Anmeldung: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1474

Auf den Weltausstellungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde durch die enzyklopädisch-didaktische Akkumulation von Dingen und Objekten aus den Bereichen Technik, Maschinerie, Handwerk, bildende Kunst, Performance und Ethnographie ein synthetisches Wissen über die Welt erzeugt, ein Wissen, das anhand von Artefakten aus der ganzen Welt gesehen und erfahren wurde. Diese Synthese, wie sie in der 1851 in London erstmals veranstalteten „Great Exhibition of All Nations“ zum Ausdruck kam, spiegelte sich in der im neunzehnten Jahrhundert aufkommenden Idee eines „Gesamtkunstwerks“ wider. Kunst, Kunstgewerbe, Artefakte, Maschinen, technische Innovationen, Industriepaläste und nationale Ausstellungsarchitekturen gehen dabei eine Symbiose ein. Die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Nicht-Kunst wurden so im Konzept der Weltausstellung neu verhandelt. Die Akkumulation von Waren, Objekten, Menschen und Künsten ‚aus aller Welt‘ zeigt so in den Ausstellungsstrukturen nationalistische Hierarchien, die am Postulat von Modernität und Tradition gezeigt werden. Nationen repräsentieren sich selbst, Kolonien werden gezeigt – und moderne Techniken und Reproduktionsmedien machen das Schauen von Exotik und Folklore erst möglich. Heute hat das Format Weltausstellung an Relevanz eingebüßt, Ausstellungen ‚aller‘ Künste finden aber im ebenfalls globalisierten Kontext der Biennalen statt.

Das Seminar wird sich mit den Strukturen des Displays von Allem auseinandersetzen und Praktiken der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit im ‚Wettstreit der Nationen‘ untersuchen. Insbesondere soll dabei das Augenmerk auf den Ausstellungspraktiken ‚peripherer‘ Geografien und Gesellschaften sowie auf Schnittstellen von Kunsthandwerk, Industrie und einem frühen Designbegriff liegen. Verschiebungen und Aktualisierungen in den Kunstbiennalen sollen dabei eine Brücke gegenwärtige Debatten schlagen.

Leistungsanforderungen: Regelmäßige und aktive Teilnahme und aktive Lektüre, Übernahme eines Impulsreferats (2 ECTS).

Miriam Oesterreich ist seit dem Sommersemester 2021 Professorin für Theorie der Gestaltung/Gender Studies an der Universität der Künste Berlin. Sie war zuvor Athene Young Investigator, Postdoktorandin der Kunstgeschichte und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Mode & Ästhetik der Technischen Universität Darmstadt. Außerdem war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt Worlding Public Cultures – The Arts and Social Innovation an der Universität Heidelberg und ist dort weiterhin assoziiert. Zurzeit forscht sie zu den globalen Verflechtungen des mexikanischen Indigenismus als avantgardistische Kunstpraxis. In ihrer Dissertation arbeitete sie die Inszenierungen ‚exotischer‘ Körper in früher Bildreklame, 1880-1914 für die Kunstgeschichte auf. Sie studierte an den Universitäten in Heidelberg, Havanna (Kuba), Valencia (Spanien) und an der Freien Universität Berlin Kunstgeschichte, Romanistik und Altamerikanistik. 2019 war sie Ansel-Adams-Fellow des Center for Creative Photography an der University of Arizona.