Intro und Introduktion. Über die Magie der Musik vor der Musik

Dr. Andrea Klitzing
Intro und Introduktion. Über die Magie der Musik vor der Musik

Seminar, 2 SWS, 2 ECTS, 10 Plätze
Mittwochs, 12-14, wöchentlich ab 4.11.2020 Fasanenstr 1B, Raum 302
(Achtung: je nach Entwicklung der Pandemiebedingungen ggf. online. Bitte beachten Sie die aktuellen Hinweise HIER auf dieser Webseite!)
Um Anmeldung spätestens bis 30.10. unter a.klitzing_ @udk-berlin.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Die besondere Wirkung der musikalischen Introduktion zieht sich wie ein roter Faden durch die Jahrhunderte der Kompositionsgeschichte. Johann Sebastian Bach in der H-Moll Messe, The Doors in Riders on the storm, Ludwig van Beethoven in seiner Sinfonie Nr. 7 op. 92, Miles Davis in „So what“, Henry Purcell in Dido and Aeneas, Ed Sheeran in Shape of You und Sergei Prokofjew in der Ouvertüre zu Romeo und Julia – sie alle nutzen die Introduktion, um die Aufmerksamkeit der Hörer*innenn zu fesseln und sie auf die Atmosphäre und den weiteren Verlauf ihres Werkes vorzubereiten. Die zeitgenössischen „Intros“ beziehen nicht selten Geräusche, Stimmen und Filter mit ein, durch welche die Inhalte der anschließenden Kompositionen antizipiert und assoziiert werden können. Gleich mehrere Wandlungen durchlebte die Introduktion im 18. Jahrhundert und tritt als Präludium, als Einleitung der Ouvertüre in Oper und Suite und schließlich als Eröffnung der klassischen Sinfonie in Erscheinung. Im 19. Jahrhundert begannen sich Introduktionen zu verselbstständigen und als eigenständige Kompositionen u. a. bei Chopin, Liszt und Berlioz nun nicht mehr ein musikalisches Werk, sondern die Räume der individuellen Imagination zu eröffnen. Unter dem Einfluss spiritueller und außereuropäischer Denktraditionen entstanden im 20. Jahrhundert zahlreiche Kompositionen, in denen Zeit als Parameter eine neue Rolle zu spielen begann und die Möglichkeit der formalen Bestimmung des Beginns (und Endes) eines Werkes nur noch von untergeordneter Bedeutung war. Dennoch lebte die Introduktion in divergierenden Kontexten weiter und wird bis heute nicht selten als Reminiszenz an eine vergangene und wirkungsmächtige Formtradition zitiert. In dem Seminar „Intro und Introduktion“ werden sowohl Bedeutungsparallelen als auch ästhetische, funktionale und soziologische Unterschiede der ersten Takte zahlreicher Kompositionen erforscht, deren Auswahl sich bewusst über geographische, ethnologische oder musikhistorische Zuordnungen hinwegsetzt, um neue Denkräume zu eröffnen.

Andrea Klitzing studierte Querflöte und Traversflöte sowie Musikwissenschaft, Philosophie und Literaturwissenschaft. 2020 veröffentlichte sie ihre Dissertation unter dem Titel "Don Giovanni unter Druck". Sie arbeitet als Flötistin mit zahlreichen Ensembles für Alte Musik, leitet seit 2001 das ensemble1800berlin und ist an der Universität der Künste Berlin als Lehrbeauftragte im Fachbereich Musik tätig. Seit 2020 geht sie im Rahmen des digitalen Forschungsprojektes »Beethoven-Räume und Kammern« der systematischen Erfassung von Beethoven-Transkriptionen nach.