Der Serienkiller Ted Bundy – amerikanische Körper in der Krise
Dr. Susann Neuenfeldt
Der Serienkiller Ted Bundy - amerikanische Körper in der Krise
Online-Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 12-14 Uhr, wöchentlich ab 13.11.2020, online
Im Jahr 2019 gibt Netflix die True-Crime-Serie „Conversations with a Killer – The Ted Bundy Tapes“ (Regie: Joe Berlinger) heraus. Diese ist nur ein Beispiel unzähliger Doku-Formate, die in den letzten zwei Jahren den wohl „schrecklichsten und charismatischsten“ Serienmörder der U.S.-amerikanischen Kriminalgeschichte des 20. Jahrhunderts in den Fokus setzen. Alle diese Formate erscheinen im 30. Todesjahr des Serienkillers Ted Bundy und reaktualisieren die alte Faszination für toxische Männlichkeiten und sexualisierte Gewalt gegen (Weisse) Frauen in den 70er und 80er Jahren im Hier und Jetzt. Woher rührt dieses aktuelle dokumentarische Begehren für den Serienkiller Ted Bundy? Warum kehrt Bundy gerade jetzt in das (pop)kulturelle Imaginäre zurück?
Ausgehend von der True Crime Serie als einem „Body-Genre“ wirft das Seminar einen Blick auf die verschiedenen Verkörperungen von Ted Bundy in den aktuellen Dokus. Das Seminar startet zunächst mit grundlegenden Fragen zum Profiling: In welcher Beziehung steht Bundy zum kulturellen Kontext, in dem er in Serie Weisse, gut situierte und gebildete Frauen tötete? Welche Rolle spielen Körperkategorien wie Gender, Race, Klasse, Behinderung und Sexualität in der Dokumentation von Ted Bundy? Inwieweit re-iteriert Bundy berühmte Serienkiller des U.S.-amerikanischen Kinos (Vergleich zu Psycho, American Psycho, Buffallo Bill, Hannibal Lector)? Neben diesen klassischen Fragen zum kulturellen Profil eines U.S.-amerikanischen Serienmörders fokussiert das Seminar das derzeit beliebte Genre der True-Crime-Serie näher und fragt nach deren materiellen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der dokumentarischen Darstellbarkeit realen Horrors.
Das Seminar geht von der These aus, dass sich mit der Entstehung und Verbreitung des Internets ab dem Ende des Kalten Krieges (Bundys Todeszeitpunkt) die Krise und Angst-Ökonomien und damit auch das Imaginationsrepertoire des Topos Serial Killer grundlegend geändert hat. So fragt das Seminar nach den digitalen Rahmenbedingungen, in denen im 21. Jahrhundert ein Serienmörder wie Bundy wieder auferstehen kann und männliche sowie weibliche Körper in der Krise in Endlosschleife reproduziert. An welche aktuellen Diskurse (Pandemie, Klimakrise, Postfaschismus, Fake News, Meme Culture, Postkalter Krieg) sind diese amerikanischen „Körper in der Krise“ anschlussfähig? Und welche transatlantischen Effekte ergeben sich für den deutschen Kontext?
Die Verkehrssprache des Seminars ist Deutsch, obwohl die Recherche, Lektüre und Forschungen grundlegende Kenntnisse der englischen Sprache in Wort und Schrift voraussetzen. Referate können gerne auch auf Englisch gehalten werden.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive, regelmäßige Teilnahme, ein Kurzreferat (15 min) und Diskussionsleitung.
Susann Neuenfeldt holds a Ph.D. from Humboldt-University in Berlin. She studied English, American, and German literature in Berlin, Germany, and the U.S. (New York University, N.Y.). She has been teaching German and American Studies for many years, specializing in political emotions in the Cold War Era. She is the author of the book “Schauspieler des Sehens “, an essayistic representation of female observers (Winter Verlag, 2014). She published widely on Cold War cultures – from the perspectives of bodies, emotions, and aesthetic strategies. Her current performative research project focuses on the relation between the Holocaust and the humor in German films from 1949-1989. Since 2005 she has been working as a theatre director in the theatre collective Panzerkreuzer Rotkäppchen. Since then she has been directing a lot of plays and performances in on- and off- theatres in Berlin. She has been teaching performative research courses at Humboldt-University and the University of the Arts in Berlin.