Ethik der Krise – Eine Einführung in die angewandte Philosophie
Adriano Mannino
Ethik der Krise – Eine Einführung in die angewandte Philosophie
Online-Blockseminar (als Vorlesung anrechenbar), Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Montag bis Freitag, 1.-5.3.2021, Videosessions jeweils 12-17 Uhr,
Die Pandemie hat uns mit der Frage konfrontiert: Was tun, wenn existenzielle Entscheidungen ohne sichere Datengrundlage und in größter Eile zu treffen sind? Auch Expert*innen sind vor Denkfehlern nicht gefeit. Hier kann die Philosophie mit verschiedenen Disziplinen helfen: Erkenntnistheorie, Risikoethik und Entscheidungstheorie bieten beim Ausloten des Ungewissen Orientierung.
Auch die allgemeine Ethik ist gefordert, denn ethische Dilemmata treten in Katastrophen- und Krisenkontexten gehäuft auf. Erkenntnismethodisch beliebt (und aussagekräftig?) sind in diesem Zusammenhang stilisierte Gedankenexperimente: Angenommen, ein Mensch muss sich entscheiden, ob er eine Straßenbahn geradeaus fahren lässt, sodass sie fünf Gleisarbeiter tötet, oder ob er sie auf einen anderen Arbeiter umlenkt. Welche Entscheidung wäre zulässig, und weshalb? Die Frage deutet auf ethische Grundprobleme hin, die im Zeitalter der Maschinenethik – etwa beim autonomen Fahren – neue Aktualität gewinnen. Auch wenn während einer Pandemie medizinische Ressourcen knapp werden und nicht mehr alle Patient*innen behandelt werden können, wenn die verfügbaren Spenderorgane nicht für alle Patient*innen ausreichen und dennoch gerecht verteilt werden müssen, oder wenn Terroristen Passagierflugzeuge entführen und ein Abschuss möglich wäre, drängen sich diese Probleme auf.
Im Seminar lesen und besprechen wir Texte, diskutieren Fallbeispiele und eignen uns Argumentationsformen und -fähigkeiten an.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Regelmäßige aktive Teilnahme an den Sitzungen und Übernahme von 1-2 Aufgaben wie Input-Referat, Moderation einer Diskussion, Sitzungskommentar oder Kurzessay.
Adriano Mannino ist Philosoph, Sozialunternehmer und Direktor des Solon Center for Policy Innovation der Parmenides Stiftung. Er studierte Philosophie und Jura in Bern und Zürich und forscht derzeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Lehrstuhl Nida-Rümelin für Philosophie und Politische Theorie) an der Schnittstelle von Entscheidungstheorie, Ethik und Politik. Er ist Mitgründer eines Datenunternehmens sowie dreier Nonprofit-Organisationen (Menschen- und Tierrechte, technologische Sicherheit). Zusammen mit Nikil Mukerji hat er unlängst die beiden Bücher "Covid-19: Was in der Krise zählt" und "Judith Jarvis Thomson: Das Trolley-Problem" verfasst bzw. herausgegeben.