Philosophie des Körpers

Prof. Dr. Philipp Hübl
Philosophie des Körpers

Online-Seminar (als Vorlesung anrechenbar), Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Dienstags, 14-18 Uhr, 14-tägig, 7 Videosessions: 10.11., 24.11., 8.12., 22.12.2020, 12.1., 26.1., 9.2.2021, online

Platon zufolge ist der Körper das Grab der Seele. Schon Nietzsche hat vermutet, dass die platonische Überhöhung der Seele zu einer Abstufung der Körperlichkeit in den Wissenschaften und zur Lustfeindlichkeit des Christentums geführt hat. Die Metapher vom Körper als Gruft suggeriert jedenfalls nicht gerade, dass das Leben ein Karnevalsumzug ist.
Seit Platon spielt der Körper eine zentrale Rolle für ein bisher ungelöstes Problem der Philosophie, das Leib-Seele-Problem, eines der größten Mysterien der Wissenschaft: Die Welt und damit jeder einzelne Körper besteht aus Elementarteilchen, die weder Geist noch Bewusstsein haben. Wie kann es dann sein, dass aus bestimmten Ansammlungen dieser Teilchen – menschlichen Gehirnen – Geist und Bewusstsein entstehen?

Descartes’ Antwort bestand in einem Substanzdualismus: Im Universum gibt es sowohl eine materielle Substanz als auch eine geistige Substanz, die sich gegenseitig beeinflussen. Dieser Ansatz wird heute einhellig kritisiert, weil er nicht erklären kann, wie die geistige Substanz zugleich außerhalb der Körperwelt bestehen und innerhalb der Körperwelt wirken kann.

Die moderne Körperphilosophie betrachtet nicht nur den Körper als Grundlage des Denkens, Fühlens und Handelns, sie fasst ihn als elementaren Bestandteil unserer Erfahrung auf: Wir zählen mit den Fingern, messen mit Füßen und Schritten, wir „begreifen“ die Welt mit den Händen, und Gefühle sind verkörperte Bewertungen unserer Umwelt. Auch in der Psychologie kann man eine Abkehr vom Computerfunktionalismus hin zur “embodied cognition“ beobachten, vor allem in der Untersuchung vernachlässigter somatischer Erfahrung (Körperillusionen, Alien Hands, Out-of-Body-Experience, Propriozeption, Flow). Im Seminar diskutieren wir Positionen aus der Philosophie, Psychologie und den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Referat/kurze Präsentation eines Textes/Themas.

Philipp Hübl ist Philosoph und Autor der Bücher „Die aufgeregte Gesellschaft“ (2019), „Bullshit-Resistenz (2018), „Der Untergrund des Denkens“ (2015) und „Folge dem weißen Kaninchen“ (2012) sowie von Beiträgen zu gesellschaftlichen und politischen Themen, unter anderem in der Zeit, FAZ, taz, NZZ, auf Deutschlandradio und im Philosophie Magazin. Hübl hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und zuletzt als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Studium der Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Seit dem WS 2020/21 ist Philipp Hübl Gastprofessor für Kulturwissenschaften im Studium Generale der UDK Berlin. Weitere Informationen unter http://philipphuebl.com.