Schreibszenen – Leseszenen. Zur musikalischen Notation im 20. Jahrhundert

Prof. Dr. Dörte Schmidt
Musikgeschichte im Überblick: Die Musik des 18. Jahrhunderts

Analoge Vorlesung, 2 SWS, 2 ECTS, offen
Montags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 25.10.2021, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Um Anmeldung bis spätenstens 22.10.2021 unter manuela.gerstenberger-zange_ @intra.udk-berlin.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik und Gesang/Musiktheater nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Er verstehe nicht, warum die Leute nicht lesen, bemerkte für seine Verhältnisse ungehalten John Cage 1990 in einem Seminar über Notation, das der israelische Musikwissenschaftler William Y. Elias organisiert hatte, weil er fand, dass die Musiker bei einer Aufführung am Vorabend seine Partitur nicht ernst genommen hatten. Debatten über das Notieren von Musik hatte es in Darmstadt regelmäßig gegeben. Ausführende Musiker:innen und Komponist:innen waren sich dabei durchaus nicht immer einig. Die Vorstellungen davon, was man für Musik hält, spiegeln sich in dem, was man schreibt, wie in dem, was man liest. Um die Darmstädter Debatten zu verstehen, ist es nötig, ein wenig Vorgeschichte zu betreiben und zum einen zu klären, ab wann und unter welchen Voraussetzungen sich eigentlich die Überzeugung, komponieren hieße schreiben, überhaupt ausbildet.
Zum zweiten gilt es nachzusehen, ab wann sich das Notationssystem, das wir heute „traditionelle Notenschrift“ nennen, überhaupt so festgelegt hat, wie wir es als Tradition adressieren. Schließlich gilt es zu fragen, welche Vorstellungen von der Leistung der Notation sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ändern bzw. verstärken. Auf dieser Grundlage können wir dann die Darmstädter Debatten auf der Basis der Quellen im Archiv der Ferienkurse diskutieren (teilweise mit Gästen).

Literaturhinweise:
John CAGE: Notations, New York 1969.
Erhard KARKOSCHKA: Das Schriftbild der Neuen Musik, Celle 1966.
Kurt STONE: Music Notation in the 20th Century. A Practical Guidebook, New York 1980.
Ernst THOMAS (Hg.): Notation Neuer Musik (= Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik, Bd. 9), Mainz 1965.

Dörte Schmidt, geboren 1964. Studium der Schulmusik (künstl. Hauptfach: Viola), Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie in Hannover, Berlin und Freiburg; Stipendiatin des ev. Studienwerkes Villigst e.V. 1992 Promotion bei Hermann Danuser an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. (Lenz im Zeitgenössischen Musiktheater . Literaturoper als kompositorisches Projekt bei Bernd Alois Zimmermann, Friedrich Goldmann, Wolfgang Rihm und Michele Reverdy, Stuttgart 1993). Danach als Stipendiatin der Paul-Sacher-Stiftung in Basel, sowie des DAAD und der Maison des Sciences de l'Homme in Pa ris. Ab Dezember 1992 als Wiss . Mitarbeiterin, später als Wiss. Assistentin von Werner Breig am Musikwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität Boc hum . Von Okt . 95 bis Sept . 97 beurlaubt für ein Habilitationsstipendium der DFG, Forschungsaufenthalte in Wien und Paris; 1997 Habilitation in Bochum (Armide hinter den Spiegeln . Lully, Gluck und die Möglichkeiten der dramatischen Parodie, Stuttgart 2001). Nach Vertretungen  in Freiburg, Bochum und Stuttgart von 2000 bis 2006 Professorin für Musikwissenschaft an der Musikhochschule Stuttgart. Von 2002 bis 2005 als Schriftleiterin der Zeitschrift  Die  Musikforschung verantwortlich für  den  Aufsatzteil, seit 2005 Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Musik forsc hung. Seit WS 2006 Professorin für Musikwissenschaft an der Universität der Künste Be rlin . Seit November 2010 Vizepräsidentin des Landesmusikrats Berlin, seit Oktober 2013 Präsidiumsmitglied im Deutschen Musikrat. Mitglied des Editorial Board von Acta Musicologica sowie im Advisory Board der Elliott Carter Studies Online . Seit 2016 Projektleiterin der Bernd Alois Zimmermann-Gesamtausgabe in der Trägerschaft der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Main z. Seit September 2017 Präsidentin der Gesellschaft für Musikforschung, seit 2018 Sprecherin des Zentrums Preußen-Berlin der BBAW. Gemeinsam mit Prof. Dr. Holger Simon Sprecherin der Initiative NFDl4Culture.