LAMENTO / MEMENTO – im Kraftfeld der Erinnerungen. Individuelle Formen des Trauerns, des Erinnerns und Gedenkens
Ella Ziegler
LAMENTO / MEMENTO – IM KRAFTFELD DER ERINNERUNGEN. Individuelle Formen des Trauerns, des Erinnerns und Gedenkens
Online-Blockseminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags und Samstags, 28./29.5. und 11./12.6.2021 jeweils 10-17 Uhr
Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von Transformationsprozessen und traumatischen Verlusterlebnissen; Naturkatastrophen, Kriege, Unfälle, Flucht, Krankheit, Seuchen und das Alter konfrontieren den Menschen mit seiner Endlichkeit, mit dem Tod. Ständige Entbehrungen fordern die Menschheit heraus, Veränderungen und Verluste zu bewältigen und zu akzeptieren, indem sie unterschiedlichste Kulturformen der Trauer, des Abschiednehmens und des Gedenkens seit Generationen entwickeln und praktizieren.
Religiöse und ideologische Traditionen, private Emotionalität und gesellschaftliches Prestigedenken sind treibende Kräfte, die der sepulkralen Kultur fortwährend neue Ausdrucksformen verleihen. In diesem Dreiklang entwickelte sich über Jahrhunderte ein normatives Leitbild der zeremoniellen Abschieds- und Gedenkrituale, die bis ins 21. Jahrhundert, wenn auch in reduzierter und transformierter Form, nachwirkt und die von der bürokratischen Reglementierung und der technisch-hygienischen Rationalität im Umgang mit dem Leichnam maßgeblich beeinflusst wurde.
Historisch gesehen befindet sich die dem Verlusterlebnis folgende Trauer- und Gedenkkultur in einem ständigen Wandel, der zeitgeschichtliche, gesellschaftliche, politische und ideologische Phänomene reflektiert und repräsentiert.
Das Blockseminar LAMENTO / MEMENTO bietet Raum, um die atmosphärischen, religiösen, wissenschaftlichen, kulturhistorischen und rituellen Facetten des Trauerns, des Erinnerns und des Gedenkens zu untersuchen. In dem theoretischen Teil des Seminars werden wir sowohl kulturhistorische Zeugnisse, Quellen, Musik/Trauergesänge und Rituale aus verschiedenen Kulturen gemeinsam anschauen/anhören, als auch künstlerische Arbeiten – Grafik, Fotografien, Videos/Filme, Skulpturen, konzeptionelle Werke und Performances – die das Trauern, das Erinnern und das Gedenken in den künstlerischen Medien artikulieren, betrachten und diskutieren.
In dem praktischen Teil des Seminars werden wir persönliche und biografische Erinnerungsträger wie Gegenständen/Objekte, Fotografien, Briefe, Tagebuchaufzeichnungen, zeitgeschichtliche Dokumente, Musik/Tonaufnahmen o.ä. nach ihren atmosphärischen, poetischen, visuellen, haptischen und auditiven Qualitäten untersuchen. Sie werden dann zum Anlass und zur Inspiration eines eigenen künstlerischen Prozesses, der den Verlust des Vergangenen in die Anwesenheit der Erinnerung transformiert. Die Arbeitsergebnisse können musikalische Kompositionen, poetische/lyrische Texte, Malereien, Architekturentwürfe, Zeichnungen/Grafik, Skulpturen, Fotografien, Videos, Performances oder Installationen sein. Unsere Zielsetzung ist, gemeinsam Methoden zu erfinden und zu entdecken, mit denen wir biografische und persönliche Quellen und Erinnerungen in schöpferischen Prozessen abstrahieren können, um individuelle und persönliche Sprachen des künstlerischen Ausdrucks zu entwickeln. (Stichworte: Verlust, Erinnerung, Rekonstruktion von Geschichte, Körpergedächtnis, kollektives / individuelles Gedächtnis, biografisches Arbeiten).
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Im Rahmen des Seminars wird die aktive Teilnahme an Diskussionen und die Vorbereitung und Durchführung eines Referats zum Thema des Seminars erwartet. Die Arbeitsergebnisse können musikalische Kompositionen, poetische/lyrische Texte, Malereien, Architekturentwürfe, Zeichnungen/Grafik, Skulpturen, Fotografien, Videos, Performances oder Installationen sein.
Ella Ziegler hat in Zusammenarbeit mit dem Museum für Sepulkralkultur Kassel, die Ausstellungen LAMENTO – Trauer und Tränen (2019/20) und MEMENTO – Im Kraftfeld der Erinnerungen (2020/21) konzipiert, produziert und kuratiert. Sie agiert als Künstlerin, Vermittlerin und Kuratorin im nationalen und internationalen Kontext. Ihre experimentellen künstlerischen Forschungsmethoden resultieren in disziplinenübergreifende Vermittlungs- und Projektformate, die atmosphärische und assoziative Referenzräume offenbaren.
In ihrem aktuellen Projekt MOVEMENT OF EMOTIONS untersucht sie die Performanz von Emotionen und Affekten, die durch zwischenmenschliche Kontakte und Interaktionen in unterschiedlichen kulturellen, gesellschaftlichen und familiären Kontexten hervorgerufen werden und über körperliche Handlungen und Regungen mitgeteilt und extrovertiert werden. Teil ihrer künstlerisch forschenden Arbeit ist die Kunstvermittlung und künstlerische Lehre, sowie die kuratorische Konzeption und Produktion von Ausstellungen und disziplinenübergreifenden Salons. Weitere Informationen unter http://ella-ziegler.de/de/movement_of_emotions/.