Resonanzkörper

Alessandra Weber
Resonanzkörper

Online-Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 12-14 Uhr, wöchentlich ab 16.4.2021

In seinem Werk „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung" formuliert Hartmut Rosa eine Theorie der Subjekt-Welt-Beziehung als Erfahrung der gegenseitigen Responsivität. Sein Anliegen ist, ein „mediopassives“ Verhältnis von Ich und Welt zu formulieren. Die Moderne denkt dieses Verhältnis als einseitig: das eine ist aktiv und kreativ, das andere passiv und manipulierbar. Das Objekt berührt mich nicht, das ist die Denkweise der Moderne: wir können die Welt technisch manipulieren und dabei unberührbar bleiben. Im Einklang mit der phänomenologischen Tradition behauptet Rosa hingegen, dass Zur-Welt-Sein heißt, berührt, ergriffen und durchdrungen zu werden.

Unser Leben ist eine Praxis der gegenseitigen Berührung: In der Liebe, in der Natur, in der Kunst… Das ist die unmittelbare Erfahrung, die wir von der Welt machen: Da ist etwas, was auf mich eingeht, was mir entgegenkommt. Ich begegne einer Welt, die etwas mit mir macht, und ich gehe auf sie ein, ich antworte ihr, ich mache etwas mit ihr. Ich und Welt sind Resonanzkörper, Gestalter und Empfänger zugleich, beide fragend, beide antwortend. Unsere Beziehungsfähigkeit ist für Rosa als Antwortfähigkeit zu verstehen, aber auch als Fähigkeit, mit der Unverfügbarkeit des Anderen umzugehen. Wenn die Antwort ausbleibt, erleben wir einen Verlust und wir sehnen uns nach Verbindung.

In unserem Seminar werden wir uns von der Frage leiten lassen, was es heißt, in unseren Beziehungen und alltäglichen Erfahrungen Resonanz zu erfahren, sowie Abwesenheit und Verbindungslosigkeit zu erleben.

Literatur:
Han, Byung-Chul: Die Austreibung des Anderen: Gesellschaft, Wahrnehmung und Kommunikation heute, Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2016.
Rosa, Hartmut: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, Suhrkamp, Berlin 2019.
Rosa, Hartmut: Unverfügbarkeit, Suhrkamp, Berlin 2018.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive und regelmäßige Teilnahme, Diskussionsbereitschaft, Erzählen einer Geschichte von Resonanz und/oder Unverfügbarkeit. Die Form des Erzählens ist den Studierenden überlassen. 

Alessandra Weber studierte Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Università San Raffaele in Mailand. Sie war 2016-2020 im Team des Studium Generale der UdK Berlin als Tutorin tätig und begleitete zahlreiche Lehrveranstaltungen im kulturwissenschaftlichen Bereich. Heute lebt sie als Paartherapeutin und Collage-Künstlerin in Berlin.