Über das Geistige in der Kunst
Dr. Andreas Weber
Über das Geistige in der Kunst
Online-Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Dienstags, 17-20:30 s.t. Uhr, 14-tägig, 7 Termine: 20.4., 27.4., 11.5., 25.5., 8.6., 22.6., 6.7.2021
Die abstrakte Revolution der europäischen Kunst – eingeläutet 1907 und 1910 mit ersten „abstrakten“ Bildern von Hilma af Klingt und Wassilij Kandinsky – brach innerhalb weniger Jahre mit der vorgeblichen Objektivität des physisch-körperlichen Raumes. Sie wollte ihn nicht mehr von außen – als Darstellung von Objekten – erforschen. Nun galt es, Raum von innen zu gestalten – als Mitschöpfung von Bezügen, Prozessen und Erfahrungen, die sich vom Körperlichen nicht lösen, sondern dieses von nachschreiten und neu konstruieren. Der Körper ist auf einmal innerlicher Bezug. Hier liegt die Bruchstelle, an der die Kunst „modern“ wird, zugleich der Ursprung zentraler Konzepte zeitgenössischer Weltwahrnehmung. Zeitgleich entstehen Einsteins Relativitätstheorie, Schrödingers Formulierung der Wellenfunktion, Bohrs Komplementaritätstheorem, Uexkülls subjektive Biologie und Bachelards Poetik des Raumes. Anders als oft behauptet liegt in diesen Bewegungen nicht primär ein Abrücken von menschlicher Erfahrung, sondern der Versuch, die Welt nicht in äußerlicher Körperhaftigkeit, sondern aus dem Inneren erfahrener Bedeutungen zu erfassen. Im Seminar werden wir anhand künstlerischer Schwerpunkttexte diese epochale Revolution nachvollziehen – bis hin zum „erweiterten Kunstbegriff“ von Joseph Beuys, dessen hundertster Geburtstag sich 2021 jährt. Ziel der Seminarteilnahme ist die künstlerische Produktion eines eigenen Werkes, welches das „Geistige in der Kunst“ verkörpert.
Literatur:
Bringhurst, Robert: The Tree of Meaning, Kentville, NS, Canada, 2006.
Harlan, Volker: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Joseph Beuys, Stuttgart 2001.
Kandinsky, Wassilij: Über das Geistige in der Kunst, München 1912.
Klee, Paul: Beiträge zur bildnerischen Formlehre, Basel 1979.
Langer, Suzanne: Feeling and Form, New York 1953.
Merleau-Ponty, Maurice: Das Auge und der Geist, Hamburg 1984.
Worringer, Wilhelm: Abstraktion und Einfühlung, München 1908.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive und regelmäßige Teilnahme, Erstellung einer eigenständigen künstlerischen Arbeit zum Seminarthema.
Andreas Weber, geb. 1967, studierte Biologie und Philosophie in Berlin, Freiburg, Hamburg und Paris. Er promovierte bei Hartmut Böhme (Berlin) und Francisco Varela (Paris). Journalistische Arbeiten seit 1994, vor allem für GEO, National Geographic, Die Zeit, mare, Greenpeace Magazin, oya. Weber lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern, seinem Pudel Erbse und der Perserkatze Marcel in Berlin und Italien. In seinen literarischen Sachbüchern setzt sich Weber für eine Überwindung der mechanistischen Interpretation von Lebensphänomenen ein. Weber entwickelt eine neue Sicht des Lebendigen als Phänomen des fühlenden Selbstausdrucks und einer schöpferischen Ökologie. Organisches Dasein wird von ihm beschrieben als die kontinuierliche Selbsterschaffung fühlender, wertender und Bedeutung setzender Subjekte vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Todes. Weitere Informationen unter www.autor-andreas-weber.de.