internationales literaturfestival berlin (ilb) 2023

Quelle: Elisa Bauer, Antje Stürholz

Jordan Scott zu Gast in der Grundschule der Künste

Ein Workshop zum Bilderbuch »Der Garten meiner Baba« von Jordan Scott und Sydney Smith im Rahmen des internationalen literaturfestival berlin (ilb) 2023
 

Ein reich gedeckter Tisch erwartet die Kinder in der Grundschule der Künste. Reich an Kulturdingen vergangener Zeiten, reich an Objekten, die die Erinnerung hervorlocken sollen: Erinnerungen an die eigenen Großeltern, an Menschen, die nicht nur irgendwie um einen herum waren, sondern zu denen man eine starke Bindung hatte. Man kann auch sagen, die einen geprägt haben, so wie die Großmutter Jordan Scott, den Autor des Buches »Der Garten meiner Baba«.

»Meine Baba liebte Regenwürmer«, heißt es gleich zu Beginn der Geschichte. »Jeden Morgen oder auch nach einem Sturm gingen wir raus, um auf dem Gehsteig oder im Rinnstein nach Würmern zu suchen. Wir sammelten sie ein und brachten sie in ihren Garten, in dem alles üppig wuchs und gedieh.« Der Garten der Baba ist nicht nur ein sicherer Ort, sondern steht für die Großmutter und Enkel verbindenden Rituale, wie Essen, den Weg zur Schule zurückzulegen und das Sammeln von Regenwürmern, die uns Jordan Scott in seiner poetischen wie pointierten Erzählweise mit bilderreichen wie naturbezogenen Vergleichen nahebringt. So wohnt die Großmutter »hinter einer Schwefelmühle, groß und spitz wie eine Pyramide, gelb wie eine Sonne, die nie schläft.« Und auf dem Weg zu ihr, wenn es noch dunkel ist, sieht er zu, »wie die Sonne aufgeht. Die Hügel sind wie Walfischbäuche.« Der Junge erfährt durch die gemeinsamen Rituale nicht nur eine Verlässlichkeit im Alltag, sondern auch Dinge, die das Leben und die Geschichte der Großmutter ausmachen. Hinzu kommt das Verschmelzen von gerichtetem und gestimmtem Raum in Wort und Bild, das für die enge Bindung zwischen Großmutter und Enkel steht, und das Jordan Scott mit seinen Worten und Sydney Smith durch seine Malerei meisterhaft verstehen herauszuarbeiten und festzuhalten. So sehen wir uns zum Beispiel zwei Bildern gegenüber, die den Autor und seine Baba, eingehüllt in Regenmäntel durch die von Pfützen gesäumten menschenleeren Straßen watend, zeigen. Die Pfützen spiegeln dabei nicht nur die Rücklichter vorbeifahrender Autos, sondern auch die beiden als innig miteinander verbundenes Paar. »Wir gehen den langen Weg nach Hause, am Meer entlang, an der Schwefelmühle vorbei, bis zum Garten meiner Baba hinter ihrem Hühnerhaus. Es gibt da viel zu sehen, zu riechen und zu essen, viel zu viel.« beschreibt der Schriftsteller den gerichteten wie vielsinnlich gestimmten Raum. Unzertrennlich mit dem Garten verbunden zeigt der Künstler Enkel und Großmutter, indem er in seinen Aquarellen für die Kleidung die Farbe der Pflanzen aufgreift. In einem der folgenden Bilder werden wir eingeladen, den beiden beim Akt des Eingrabens der Regenwürmer zuzuschauen. Der Garten wird hierbei zur Kulisse, vor der die Protagonisten mit kontemplativem wie zufriedenem Gesichtsausdruck durch farbliche und detailreiche Ausarbeitung ihrer Kleidung zu strahlen beginnen. Unabhängig von der Bedeutung der Beziehung zwischen Großmutter und Enkel hat alles seine Zeit, wie es so lapidar im Alltagsmund heißt. Gemeint ist, dass alles sein Ende hat und findet. So auch die beglückenden Stunden mit Baba. Sie wird gebrechlich und zieht zu ihrer Familie. Nun ist es an dem Jungen, sich um seine Baba und den Garten zu sorgen. »Ich habe noch nie etwas gepflanzt oder gesät. Hoffentlich wird was draus«, greift Jordan Scott seine Verunsicherung als Kind auf. Wie selbstverständlich bringt er ihr jedoch jeden Morgen einen frischen Haferbrei und einen aufgeschnittenen Apfel und wendet sich ihr zu – so wie er es am eigenen Leib erfahren hat!

Für die meisten Menschen gab es in ihrer Kindheit Personen, jenseits der Eltern und Geschwister, die Zeit mit ihnen verbracht haben. Häufig waren es die Großeltern, manchmal auch Menschen, die überhaupt nichts mit der Familie zu tun hatten. Diese Menschen sollten in unserem Workshop in den Mittelpunkt gerückt werden. Aus diesem Grund wurden die beteiligten Kinder eingeladen, ein Foto eines Menschen mitzubringen, der ihnen Gutes getan und Geborgenheit geschenkt hat. Ausgehend von der Bilderbuchgeschichte und den mitgebrachten Fotos wurden die Kinder eingeladen, einen Brief an die geliebte Person zu verfassen und einen beglückenden gemeinsamen Moment malerisch festzuhalten:
Wenn ich an Dich denke, denke ich an … Wenn ich Zeit mit Dir verbracht habe, haben wir … Wenn ich von Dir träume, kommen mir folgende Bilder …
 

Kirsten Winderlich, September 2023


Weitere Eindrücke finden sich auf der Seite bilderbuchkunst.de


Der Workshop unter der Leitung von Prof. Dr. Kirsten Winderlich wurde in Kooperation mit der Maria-Leo-Grundschule/ Pankow sowie Elisa Bauer, Helen Naujoks, Antje Stürholz, Conrad Rodenberg, Nadja Hillers, Stephanie Bergt und Ines Saydan realisiert.

Quelle: Elisa Bauer, Antje Stürholz

Quelle: Elisa Bauer, Antje Stürholz

Quelle: Elisa Bauer, Antje Stürholz

Quelle: Elisa Bauer, Antje Stürholz