Workshop mit Eike Wolf

Sichtbarkeiten: Zu einem ‚appellierenden Grundzug‘ digitaler Medien im schulischen Unterricht

Eike Wolf (Universität Osnabrück, Institut f. Erziehungswissenschaft)

Versteht man schulischen Unterricht als sinnstrukturierte Handlungspraxis in der „Formbildungen im Medium des Pädagogischen“ und „ein Kompositum unterschiedlicher Formen pädagogischer Kommunikation“ (Hollstein u. a. 2016, 73) realisiert werden, werden die materialen Formen der inkludierten Medien zu „Dingen des Lernens“ (Rabenstein und Wienike 2012). In ihrem Gebrauch findet dann „eine praktische Verschränkung von Sozialität und Materialität“ (Röhl 2015, 163) statt, die gekoppelt ist an den „appellierenden Grundzug“ der Dinge, wie Meyer-Drawe (1999, 333) den Affordanzbegriff bildungstheoretisch reformuliert. Soziale Be-deutung wird digitalen Medien erst durch die sinnkonstitutive interaktive Bezugnahme in der unterrichtlichen Praxis zuteil, in der sie auf bestehende und eigensinnige, soziale und pädago-gische „Handlungsrelevanzen und -dispositionen“ (Hillebrandt 2002, 32) treffen.

Der Workshop zielt auf die Rekonstruktion und Diskussion eines Befundes, der im Kontext eines empirischen Forschungsprojekts als „Beameröffentlichkeiten“ (Thiersch/Wolf 2022) be-schrieben wurde. Diese Sichtbarkeitspraktiken zeigen sich als schulform-, jahrgangs- und fä-cherübergreifende, omnipräsente Folge der Implementation digitaler Medien in den Unterricht, die alle interaktiven Bezugsgegenstände des Unterrichtsgesprächs betrifft und als Mittel der Vereindeutigung des interaktiven Bezugsobjekts genutzt wird. Ziel des Workshops ist eine in-terdisziplinäre Diskussion interaktionsstruktureller und funktionaler Folgen der Implementatio-nen digitaler Medien als dingbezogene Repräsentanten „einer typisch ‚modernen‘ Haltung zur Welt“ (Röhl 2015, 176) in den schulischen Unterricht.
 

Literatur

Hillebrandt, F. (2002). Die verborgenen Mechanismen der Materialität. Überlegungen zu einer Praxistheorie der Technik. In J. Ebrecht & F. Hillebrandt (Hrsg.), Bourdieus Theorie der Praxis (S. 19–45). Wiesbaden: VS.

Hollstein, O., Meseth, W., & Proske, M. (2016). Was ist (Schul)unterricht? In T. Geier & M. Pollmanns (Hrsg.), Was ist Unterricht? Zur Konstitution einer pädagogischen Form (S. 43-75). Wiesbaden: Springer VS.

Meyer-Drawe, K. (1999). Herausforderung durch die Dinge. Das andere im Bildungsprozess. Zeitschrift für Pädagogik, 45(3), (S. 329-336).

Rabenstein, K., & Wienike, J. (2012). Der Blick auf die Dinge des Lernens. In H. de Boer & S. Reh (Hrsg.): Beobachtung in der Schule – Beobachten lernen (S. 189-202). Wiesbaden: Springer VS.

Röhl, T. (2015). Die Objektivierung der Dinge. Wissenspraktiken im mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulunterricht. Zeitschrift für Soziologie, 44(3), (S. 162-179).

Thiersch, S., & Wolf, E. (2022/i.E.). Interaktion im digital mediatisierten Unterricht. Situative Ethnographien sozialisatorischer Praktiken und Strukturen. In S. Aßmann & N. Ricken (Hrsg.), Bildung und Digitalität. Analysen – Diskurse – Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS.