Die Concord Sonata von Charles Ives
Die Concord Sonata von Charles Ives
Aspekte ihrer Interpretation, Edition und Rezeption
Konzeption: Christoph Grund und Wolfgang Rathert
Workshop und Konzert im Rahmen des musikwissenschaftlichen Hauptseminars Transatlantik. Die amerikanische Avantgarde, Deutschland und Europa zwischen den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts
von Prof. Dr. Dörte Schmidt
Auch für weitere Interessenten geöffnet
Universität der Künste Berlin
Samstag, 19. Juni 2010
Der Eintritt ist frei.
Charles Ives’ (1874-1954) zweite Klaviersonate mit dem Zusatztitel „Concord, Mass. 1840-1860“, gehört zu den größten Herausforderungen in der Geschichte der Klaviermusik. Ives war der Auffassung, dass Musik in dem Moment der Notation etwas von ihrem „Geburtsrecht“ verlöre. So gibt es von der Concord Sonata keine definitive Version, stattdessen zwei von Ives selbst edierte Druckausgaben (1921 und 1947) mit erheblichen Unterschieden, zahlreiche handschriftliche Fassungen und die beigefügten Essays before a Sonata in denen Ives seine ästhetischen und lebensphilosophischen Auffassungen darlegte.
Diese vielschichtige Konzeption ist der Geisteswelt des amerikanischen Transzendentalismus und Puritanismus verpflichtet, die Ives in der Sonate programmatisch als Hommage an ihre wichtigsten Vertreter (Emerson, Hawthorne, The Alcotts und Thoreau) und den für die politische und geistige Unabhängigkeit der USA zentralen Ort Concord gestaltete. Doch Ives setzt sich in dem Zitatreichtum und der komplexen thematischen Organisation der Sonate auch mit der europäischen Musik auseinander.
Zusätzlich zu den schriftlichen Quellen existieren Ives´ eigene Aufnahmen von Teilen der Sonate, welche als Einstieg und Ausgangspunkt für einen Interpretationsvergleich dienen können, dessen Spektrum die ungebrochene Lebendigkeit und Aktualität des Werks zeigt
Die vielschichtige Überlieferung und die musikalisch-pianistischen Herausforderungen der Concord Sonata sind Ergebnis einer ästhetischen Überzeugung, die die Komposition selbst, aber auch die Aufführung und das Hören als ein lebenslanges, eigentlich sogar unendliches „work in progress“ versteht.
Ziel des Workshops ist es, die faszinierende gedankliche und musikalische Welt der Concord Sonata herauszuarbeiten und ihre utopische Gestalt im Hinblick auf (künftige) interpretatorische und editorische Möglichkeiten und Grenzen zu befragen. Die Arbeit an der Concord Sonata soll dabei exemplarisch darlegen, dass Interpretation ein künstlerisch schöpferischer Prozess ist, und nicht Restaurierung oder Konservierung.
Der Workshop richtet sich gleichermaßen an Pianisten, Musiktheoretiker,
-pädagogen und –historiker sowie an alle an (Ives’) Musik interessierten Hörer.
Ablauf/Programm:
9.30-12.30 Uhr Einführung (aus musikwissenschaftlicher und pianistischer Sicht)
14-17 Uhr Diskussion ausgewählter Beispiele (Philologie – Analyse – Interpretation)
18.30 Uhr Konzerteinführung (Wolfgang Rathert)
19.30 Uhr Konzert (Christoph Grund)
Wolfgang Rathert (geb. 1960), 1980-87 Studium der Musikwissenschaft an der FU Berlin, Promotion (bei R. Stephan) über Charles Ives. 1999 Habilitation an der HU Berlin, von 1991-2002 Leiter der Abt. Musik und Darst. Kunst der Bibliothek der UdK Berlin. Seit 2002 Professor für Musikwissenschaft an der LMU München mit Schwerpunkt 20. Jahrhundert und neue Musik
Christoph Grund (*1961) ist freischaffender Komponist und Pianist und lebt in Berlin. Er konzertiert bei allen wichtigen Festivals für neue Musik, sowohl als Solist u.a. in der Carnegie Hall und der Berliner Philharmonie, in Gruppierungen wie dem ensemble recherche und dem KNM Berlin, als auch mit zahlreichen (Rundfunk)-Sinfonieorchestern. Seine Kompositionen führen zu einer zeitgenössischen Form von Oper, im Zwischenbereich der audiovisuellen Hörkunst. (mehr auf www.christophgrund.de)