Konzert für den Frieden 2022
Kompositionen tragischer Aktualität. Ein Konzert in Zeiten des Krieges
Valentin Silvestrov: Prayer for Ukraine
Gustav Mahler: Kindertotenlieder
- Pause -
Rudolf Mauersberger: Wie liegt die Stadt so wüst
Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 8 c-Moll op. 65
Marina Prudenskaya, Mezzosopran
Kammerchor der Künste Berlin (Maike Bühle, Chorleitung)
Symphonieorchester der UdK Berlin
Steven Sloane, Dirigent
Das Konzert findet statt in Gedenken an den von russischen Soldaten ermordeten Chef-Dirigenten der Philharmonie von Cherson Jurij Kerpatenko.
Das Symphonieorchester der Universität der Künste Berlin setzt gemeinsam mit dem Kammerchor der Künste Berlin und der Mezzosopranistin Marina Prudenskaya unter der Leitung von Steven Sloane am 20. November in der Berliner Philharmonie ein Zeichen für den Frieden. Valentin Silvestrovs Prayer for Ukraine, Gustav Mahlers Kindertotenlieder, Rudolf Mauersbergers „Wie liegt die Stadt so wüst“ und nicht zuletzt Dmitri Schostakowitschs Symphonie Nr. 8 c-Moll op. 65 sind in Zeiten des Krieges Kompositionen von tragischer Aktualität. Mit dem Konzert setzt das Orchester seinen Mahler-Zyklus in der Philharmonie fort und verbindet dies mit einem eindringlichen Ruf nach Frieden.
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, des Aufruhrs, in Kriegszeiten mitten in Europa. Dass der Frieden immer wieder in Gefahr gerät, liegt nicht zuletzt am Vergessen: Geschichte wiederholt sich – immer wieder. Gegen das Vergessen schaffen Künstler*innen seit jeher Werke, die die Ereignisse ihrer Zeit reflektieren, und auf diese Weise zukünftigen Generationen Mahnung und Aufruf zur Veränderung sein können. Spätere Interpret*innen wirken ihrerseits gegen das Vergessen, indem sie Geschichte durchdurch ihre Aufführung aktualisieren und dabei historische Positionen in einen neuen Kontext bringen. Diesem aktiven Dialog gegen das Vergessen haben sich auch die Studierenden der Universität der Künste Berlin verschrieben.
Im Konzert für den Frieden der Universität der Künste Berlin, das am 20. November stattfindet, wird dieser Gedanke zum zentralen Punkt. Das Hauptwerk des Konzerts, die Achte Symphonie von Dmitri Schostakowitsch ordnet sich chronologisch in die Mitte der sogenannten „Kriegssymphonien“ Schostakowitschs ein. Wurden die Symphonien Nr. 7, Nr. 8. und Nr. 9 zu ihrer Entstehungszeit noch recht konformistisch und allgemein als Ausdruck für den Schrecken und das Leid des Krieges interpretiert, liegt ihr regimekritisches Potential heute auf der Hand. Die Bitterkeit des Komponisten gegenüber dem kriegstreibenden Stalin-Regime ist in dieser ebenso gigantischen wie kompromisslosen Musik aus jeder Note herauszuhören. Ein Gefühl, das dieser Tage sicherlich viele Menschen empfinden.
Das Leid, insbesondere das private, persönliche, zeichnet sich auch in Gustav Mahlers Vertonung von Friedrich Rückerts „Kindertotenliedern“ als konstituierendes Element ab. Im Text betrauert Rückert den Verlust seiner Kinder. Gustav Mahler greift vor dem Hintergrund des Todes sechs seiner Geschwister auf den Text zurück. Auch hier gelingt es Mahler, das Universelle im Persönlichen zu finden, das Transzendente inmitten der Hoffnungslosigkeit, und dabei auch inmitten des Tragischen eine Erlösung aufschimmern zu lassen.
Diesen beiden Orchesterwerken ist ein vom Kammerchor der Künste Berlin gesungenes Gebet vorangestellt. Rudolf Mauersberger vertonte mit dem Chorstück „Wie liegt die Stadt so wüst“ ausgewählte Verse aus den alttestemantären Klageliedern Jeremias, um Entsetzen und Unglauben über die Zerstörung Dresdens im Jahr 1943 auszudrücken und gleichzeitig um Erneuerung und um Erleichterung vom Leiden zu bitten. Die Uraufführung fand 1945 unter seiner Leitung in der ausgebrannten Dresdner Kreuzkirche statt.
Das „Gebet für die Ukraine“ ist eine Hymne, die ursprünglich 1885 geschrieben wurde, als das kaiserliche Russland die ukrainische Sprache unterdrückte. Die Vertonung des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov aus dem Jahr 2014, der 2022 aus seiner Heimat floh und heute in Berlin lebt, ist eine ergreifende Erinnerung an die Notlage des Landes und heute aktueller denn je.