Neujahrsansprache 2022

Neujahrsansprache des Präsidenten am 20.01.2022

 

Liebe Hochschulmitglieder,

liebe Gäste,

 

ich freue mich Sie heute, zwei Jahre nach unserem letzten Neujahrsempfang, begrüßen zu dürfen.

Zwei besondere Jahre, in denen sich unser Miteinander sehr verändert hat.

Die Bewegung des Körpers im Raum,

die Begegnung zwischen den Menschen,

die Abläufe unseres Alltags,

die Unbeschwertheit in unserem Handeln

all dies ist leider immer noch von der pandemischen Entwicklung betroffen.

In dieser Zeit haben wir auch die Bedeutung von Vielem neu erkannt, dass wir bislang als selbstverständlich oder eher unerheblich betrachtet hatten.

Dass wir heute hier sein können und uns so begegnen, ist in diesem Sinne keine Selbstverständlichkeit, großartig und so wichtig.

 

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Das kulturell reiche Berliner Leben ist in den Monaten der Pandemie einer Diaspora gewichen, die alle Hochschulmitglieder auf unterschiedliche Art getroffen hat.

Künstlerisch, ökonomisch aber vor allem emotional.

Sie alle haben viel Stärke und Erfindungsgeist aufwenden müssen, um künstlerisch zu arbeiten oder auch im privaten Spannungsfeld zwischen Homeoffice und Schulschließungen zu bestehen.

 

Nach fast zwei Jahren der Krise kann ich auch sagen, wir haben es trotzdem geschafft!

Sie, liebe Studierende und Lehrende, haben Opern aufgeführt, Ausstellungen und Konzerte veranstaltet, Tanzchoreographien inszeniert, und vieles mehr.

Dieser Erfolg ist Ihrem Engagement zu verdanken, er ist aber auch ein Beleg für die Vitalität der Künste.

Kunst existiert – denn verschwindet sie, tun wir es auch.

Ihr Bestreben, liebe Lehrende, war es, alles zu tun um die besten Studienmöglichkeiten zu sichern, dafür haben Sie im Dienste der Studierenden gekämpft.

Verantwortlich in Ihrer dienstlichen Auffassung über das, was es heißt, ein*e Professor*in ein*e Lehrende*r zu sein.

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Die Krise führte ebenso zu einer schweren Belastung der Universitätsverwaltung, die durch die Zunahme an Beschaffungsaufgaben, Personaleinstellungen, neuen Prozessen und wechselnden Arbeitsbedingungen an der Grenze der Arbeitsfähigkeit und auch oft darüber hinaus handeln mussten.

Hier wurde viel geleistet und möglich gemacht, wofür ich Ihnen in Dankbarkeit verbunden bin.

 

Die Universität der Künste Berlin hat so solidarisch die wahrscheinlich historisch größte Krise ihrer noch jungen Geschichte gut gemeistert. Diese Leistung ist ein Gemeinschaftswerk, von uns allen.

Ich bin Ihnen sehr, sehr dankbar, dass wir bislang so gut miteinander umgegangen sind, so verlässlich und so konstruktiv, auch wenn es da und dort Meinungsverschiedenheiten in der Auslegung der Regelungen gab.

Ich bin sicher – wir werden auch den Rest dieses Weges gut miteinander gehen können.

 

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Für die Weiterentwicklung der Universität ist auch die gute Kommunikation mit Gremien und Mitgliedern der Hochschule von großer Bedeutung, denn durch sie wird die Universität weiterentwickelt. Es ist ein besonderes Privileg deutscher Hochschulen diesen Prozess in solch weitreichender Struktur gestalten zu können.

Gute innere Kommunikationsformen zu entwickeln, ist wichtig.

Besonders in Krisenzeiten,

aber auch, wenn die Landespolitik in Berlin so agiert, wie sie es tut.

Froh bin ich deshalb darüber, dass das seit meinem Amtsbeginn wieder regelmäßig tagende Gremium des Erweiterten Präsidiums sich als ein produktives Forum für eine engere Verzahnung von Hochschulleitung, Fakultäten, Zentren, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragter und Studierendenvertretung ergeben hat.

Es ist ebenso im Sinne des Präsidiums, neben der von uns wahrgenommenen Richtlinienkompetenz in der Hochschulentwicklung eine Kultur zu pflegen, die den Austausch zwischen den Hochschulmitgliedern anregt, Entscheidungsprozesse offenlegt, diese diskutiert und so Vertrauen schafft.

Wir sehen dies als unsere Bringschuld gegenüber den Mitgliedern der Hochschule an und versuchen unser Handeln danach auszurichten.

Schon in unseren Sitzungen mit dem Akademischen Senat zum Entwurf des neuen Berliner Hochschulgesetzes im Frühjahr 2021 hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dort handlungsfähig zu sein. Diese sehr inhaltliche und zutiefst demokratische Gremienarbeit möchte ich pflegen und mit Ihnen zusammen weiterentwickeln.

Die Schaffung einer guten Vertrauensbasis zwischen Hochschulleitung und Studierendenschaft ist mir ein ebenso wichtiges Anliegen, das ich weiterverfolgen möchte. Es gibt dort viel gutzumachen.

Meine Erfahrung als Lehrender hat mir gezeigt, was Studierende beitragen und entwickeln können, wenn Ihnen Vertrauen entgegengebracht wird. Darauf baue ich.

Aus diesem Grunde setze ich mich sehr dafür ein, dass endlich eine Bewilligung der studentischen Vizepräsidentschaft durch den Berliner Senat erfolgen kann. Es ist ein wichtiger Punkt für mein Auftakttreffen mit der neuen Senatorin.

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Die UdK Berlin soll durch diese gemeinsame Arbeit weiter inhaltlicher zusammenwachsen und ihren Gründungscharakter als Organisationsstruktur von heute vier großen Fakultäten und weiteren Zentren hinter sich lassen. Sie ist eine Universität, die nach vorne schaut, sie ist im Hier und Heute präsent, im Bewusstsein über ihre komplexe Vergangenheit, die uns handlungsleitend sein kann.

Die UdK Berlin wird unter meiner Amtszeit eine sich noch globaler ausrichtende Institution werden, dafür werden moderne Formen digitaler Kommunikation wichtig sein.

Im Zentrum dieser sich wölbenden digitalen Sphäre steht allerdings der materielle Kern der Universität, unsere Gebäude, die Stadt Berlin, im Fluss der Geschichte und der lokalen und geopolitischen Prozesse.

Die zukünftige Identitätsfigur der Universität vereint diese verschiedenen Qualitäten,

das flüchtig Digitale auf der einen und das sich immer wieder erneuernde Materielle als Palimpsest institutioneller Geschichte auf der anderen.

Diese Sphären werden einer zukünftigen hybriden künstlerischen Praxis den Weg bereiten, die zwischen dem Physischen und Digitalen beständig oszillieren kann.

Es werden sich so neue Schnittstellen eröffnen, die es uns erlauben werden, andere Menschen an unserer Arbeit Teil haben zu lassen, andere Stimmen zu hören und einer weiter greifenden Sicht auf die Künste den Weg zu bereiten, die einer Institution des 21. Jahrhunderts angemessen ist.

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Die Universität der Künste Berlin ist ein Haus mit vielen Zimmern, mit Fenstern in die Stadt, und mit unterschiedlichen Menschen, die darin ein- und ausgehen. 

Die Verbindung zwischen den Räumen ist in diesem Haus von großer Wichtigkeit. 

In der Architektur des Barocks beschreibt die Enfillade eine Aneinanderreihung von durch große Türen verbundenen Räumen, die sich den Betrachtenden als eine perspektivische Abfolge zeigen.

Im eigenen Raum stehend sind so gleichzeitig alle anderen Räume und ihre Bewohner*innen erkennbar.

Das Bild der Enfillade eignet sich auch für die Beschreibung einer zu fördernden künstlerischen und auch wissenschaftlichen Praxis in Lehre und Forschung an der UdK Berlin.

In der Perspektive von der eigenen Fachlichkeit hin zu anderen Disziplinen zeigt sich der künstlerische Reichtum der Kunstuniversität mit ihren über 70 Studiengängen in besonderem Maße.

Aus der Betrachtungsmöglichkeit erwächst womöglich Bewegung, erwächst Begegnung, erwächst Handlung, erwächst ein Werk.

Ich sehe es als meine Aufgabe an, für diese Prozesse die Türen zwischen den Disziplinen zu öffnen und denjenigen, die möchten, Verbindungen zwischen den Fachkulturen und Fakultäten zu ermöglichen.

Vieles ist dafür schon geleistet worden, auf das man aufbauen kann.

So hatten sich im ersten kritischen Frühling der Pandemie einzelne Lehrende und vor allem Studierende auf den Weg gemacht, diese Zeit der Unsicherheit als Zeit für das Experiment neu zu deuten und den Open Call ins Leben gerufen, der zu fächerübergreifende Projekten geführt hat.

Solche neuen Räume zu betreten, Studierende anderer Fachkulturen zu treffen und mit ihnen künstlerisch zu arbeiten –  die Förderung dieser Bewegungsmöglichkeiten zwischen den Fachkulturen ist ein wichtiges Projekt meiner Amtszeit.

Ermöglicht wird es heute schon durch das Studium Generale, welches wir nun als ein künstlerisch-wissenschaftliches geführtes Lehrformat verstetigt haben. Zur Förderung dieser fachlichen Begegnungsmöglichkeit habe ich mit Prof. Lukas Feireiss eine weitere Position eingesetzt, die Studierenden im Masterniveau eine überfachliche Projektbetreuung probeweise ermöglicht.

Wir werden diesen Weg weiterverfolgen, um besser zu verstehen, wie eine projektbasierte, inter- und transdisziplinäre Praxis entstehen kann, die über die so entstehenden Werke ihre Relevanz bezeugt.

Auch wird das Steinhaus an der Hardenberstraße 33 ein Ort sein, der allen Studierenden zur Verfügung steht, um sich zu begegnen und sich in der Begegnung künstlerisch zu erweitern. Der mit den Studierenden durchgeführte offene Wettbewerb soll neuen Ideen Vorschub leisten und Studierenden eine größere Prokura in der Gestaltung ihrer Hochschule geben. 

Diese Begegnungsmöglichkeit zwischen fachlichen Räumen zu schaffen, ist allerdings auch von großer Wichtigkeit, um den schwierigen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen:

Mit neuen künstlerischen Formaten, aber auch mit neu einzuübenden Gestaltungsansätzen, der viele miteinander verwobenen Sichtweisen, fachlichen Expertisen und Haltungen verbinden kann. Auch über die Institution hinweg. 

Der Studiengang Design & Computation versucht sich an einem solche Amalgam zwischen unterschiedlichen Fachkulturen. Es entsteht zwischen den Künsten und Wissenschaften und nutzt digitale Prozesse und Medien zur Verhandlung. 

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Die vertiefende Untersuchung des Feldes zwischen Kunst und Wissenschaft am Wissensstandort Berlin ist ein weiteres Zukunftsprojekt für die Hochschule.

Strukturierte Möglichkeiten der Qualifizierung im Bereich künstlerischen Forschens bis hin zur Promotion werden wir mit Ihnen, liebe Hochschulmitglieder, entwickeln und deren Umsetzung mit dem Berliner Senat verhandeln.

Die Vernetzung methodischer Wissenszugänge und Wissensverständnisse – aus den Künsten, aus den Wissenschaften – ist vonnöten um eine künstlerische Haltung einzunehmen, die sich dem Jetzt stellt und relevant bleibt.

Es ist dringlich, denn die Welt steht auf der Kippe.

Prozesse des Klimawandels finden statt –  mit Folgen, die wir schon jetzt spüren. Bei weiterer Nichtbeachtung laufen wir in Gefahr, unumkehrbare Veränderungen unseres Klimas auszulösen, die den Fortbestand von uns Menschen gefährden.

Die Künste können dies reflektieren, sie können aber auch Änderungen einleiten. Laufende Forschungs- und Lehrprojekte der Klasse Klima, aber auch des geplanten Einstein Center Climate Change mit der TU Berlin, Universität Potsdam und dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung zeigen Verbindungen auf, wie über die Künste und die Wissenschaften zusammen Neues entwickelt werden kann.

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Jedes Haus, so auch die UdK Berlin, besitzt eine Schwelle, die den Übergang vom Außen zum Innen markiert. Die kritische Begutachtung dieser Schwelle ist ein ebenso wichtiges Projekt für eine künstlerische Institution der Zukunft mit Exzellenzanspruch.

Sie ist mit vielen Fragen verbunden.

  • Wie verbessern wir die Möglichkeiten, um talentierten Bewerber*innen den Zugang zur Hochschule zu ermöglichen?
  • Welche Bevölkerungsgruppen müssen mehr in den Blick genommen werden, wer wird übersehen, wer möglicherweise ausgegrenzt?
  • Wie öffnen wir uns neuen, ästhetischen, globalen, transnationalen Diskursen in einer angemessenen Weise?
  • Wie gehen wir in einer wertschätzenden und respektvollen Form miteinander um? Und ähnliches.

Es sind große Fragestellungen, die innerhalb der Universität engagiert diskutiert werden, sie finden ihren Weg in die akademischen Prozesse, aber auch in künstlerische Werke und aktivistische Projekte.

Die Hochschulleitung hat die Stimmen der Studierendenproteste des Sommers 2020 vernommen und gemeinsam mit Kommissionen wie der Kommission für Chancengleichheit (KfC) und anderen diskutiert, wie eine diskriminierungsfreiere Hochschule gelingen kann.

Die Erste Vizepräsidentin Ariane Jeßulat verantwortet dieses Thema in ihrem Ressort und betreut verschiedene Austauschformate.

Ein Resultat dieser Gespräche ist beispielsweise die intensive Arbeit an der Diversity Policy, die demnächst vom Akademischen Senat verabschiedet werden soll.

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Zusammenfassend ist festzustellen:

Das Präsidium hat es sich zur Aufgabe bis zum Jahr 2025  gemacht, einen Reformprozess anzustoßen, der die Universität zu einer wegweisenden künstlerischen Institution mit Bedeutung über Deutschland hinaus entwickelt, mit einer intensiven fachlichen und überfachlichen Praxis im Dialog mit anderen lokalen, nationalen und globalen Akteur*innen aus Kunst und Wissenschaft.

Es ist ein hohes Ziel, an dem wir engagiert arbeiten – Trotz Pandemie, denn sie kann nicht der Grund für uns sein, künstlerische Entwicklungen der Hochschule hintenanzustellen.

Damit dies gelingt, ist auch in der Hochschulleitung gute Teamarbeit gefragt. Ich möchte deshalb an dieser Stelle meine Rede mit einem Dank beschließen, der meinem Stabsstellenteam, meinen Vizepräsidentinnen Rebekka Hüttmann und Ariane Jeßulat, den Referentinnen und vor allem der Kanzlerin gewidmet ist.

Ohne sie wäre diese Arbeit nicht zu leisten.

Ihnen allen, liebe Hochschulmitglieder, wünsche ich ein gesundes, künstlerisch produktives und glückliches Jahr 2022.

Vielen Dank.